DIE MARABOUT-SEITE
linie

Achebe, Heimkehr in fremdes Land
linie
linie
ACHEBE: Heimkehr in fremdes Land
linie
Amazon-Bestellung:
Bitte MouseOver-Bild anklicken!
linie

Rezension: → Chinua Achebe - Heimkehr in fremdes Land

Des langen Wartens Lohn

Chinua Achebes Roman Heimkehr in fremdes Land liegt nun endlich vor *

Von Manfred Loimeier (©)

Lange mussten die Leser im deutschsprachigen Raum auf die Heimkehr in fremdes Land warten, den zweiten Roman von Chinua Achebe, dem nigerianischen Autor, der im Herbst 2002 in Frankfurt als zweiter schwarzafrikanischer Autor mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde. Seit gut 16 Jahren schon liegt die Übersetzung dieses Buchs bei Suhrkamp vor und wurde nicht publiziert; zum einen, weil der Verlag, wie Suhrkamp-Lektor Raimund Fellinger sagt, aus Arbeitsüberlastung die Veröffentlichungsfrist nicht einhalten konnte, so dass die Rechte verfielen, zum anderen, weil das Publikumsinteresse zu gering war, um eine Herausgabe zu rechtfertigen.

Eine Einschätzung übrigens, die der auf afrikanische Literatur spezialisierte Peter Hammer Verlag seinerzeit teilte - auch er wagte es nicht, in die Bresche zu springen, Suhrkamps Lückenbüßer zu sein und daraus langfristig Kapital zu schlagen. Nun ist das Publikumsinteresse groß genug und veranlasste Suhrkamp bereits zur Wiederauflage der beiden Taschenbücher Okonkwo oder Das Alte stürzt und Termitenhügel in der Savanne. Zusammen genommen formen diese Romane eine Chronik nicht nur der nigerianischen, sondern auch der neueren afrikanischen Geschichte. Okonkwo oder Das Alte stürzt, der Klassiker, mit dem Achebe weltberühmt wurde, schildert die fortschreitende Kolonisierung Nigerias durch die Briten, Termitenhügel in der Savanne karikiert politische Intrigen und den tödlichen Ehrgeiz eines Möchtegern-Diktators.

Heimkehr in fremdes Land hingegen thematisiert die Exil- und Fremdheitserfahrungen eines jungen Mannes namens Obi, der zum Studium nach London geht und sich nach seiner Rückkehr in Nigeria ähnlich fremd fühlt wie zuvor in Übersee. Nicht wenige afrikanische Autoren haben dieses Phänomen aufgegriffen: Wole Soyinka 1965 mit dem Roman Die Ausleger, Ayi Kwei Armah in Die Schönen sind noch nicht geboren (1968) oder Kofi Awoonor mit dem Buch Schreckliche Heimkehr nach Ghana (1971). Im Gegensatz dazu nimmt der 72-jährige Achebe, der Heimkehr in fremdes Land 1960 veröffentlichte, das Schicksal seiner Hauptfigur aber weniger zum Anlass, die korrupten neokolonialen Regimes in Afrika allein zu brandmarken. Achebe geht es vielmehr darum, den moralischen Verfall seines Helden zu veranschaulichen, die Zwickmühle, in die er sich mit seinen hohen Verdiensterwartungen manövriert, und wie er in einer durch und durch bestechlichen Gesellschaft schließlich ebenfalls nachgibt und sein ohnehin nicht geringes Salär durch illegale Nebenverdienste aufbessert.

Heimkehr in fremdes Land ist nicht so konzentriert, ironisch und prägnant verfasst wie Okonkwo oder Das Alte stürzt oder Termitenhügel in der Savanne. Achebe schweift bisweilen ab, schwankt unschlüssig zwischen den Schauplätzen, zeichnet diese dafür aber sehr detailliert und anschaulich. Die Stärke dieses komplett als Rückblick geschriebenen Buchs liegt tatsächlich in der Schilderung der fragilen Psyche Obis sowie der gesellschaftlichen Atmosphäre, die der Bestechung und Korruption den Weg ebnet. Insofern ist Heimkehr in fremdes Land aktuell wie eh und je, wäre aber 1986, im Jahr, als der Wole Soyinka als erster Schwarzafrikaner den Literaturnobelpreis erhielt, ebenso aktuell gewesen - zumal Achebe nicht erst seit damals als der bessere Nobelpreiskandidat gilt.

Chinua Achebe: Heimkehr in fremdes Land. Aus dem Englischen von Susanne Koehler. Suhrkamp, 195 Seiten, 16,90 Euro.

Originaltitel: No Longer at Ease

* Die Rezension wurde im Jahr 2002 verfasst, für die Marabout-Seite übernommen 03/2004.

Sie haben dieses Buch bereits gelesen?! Dann beteiligen Sie sich bitte mit einem Votum für dieses Buch an der BESTEN-LISTE afrikanischer und arabischer Literatur auf der MARABOUT-SEITE !
linie
Weitere Rezensionen zu subsaharischer Literatur auf der Marabout-Seite (Zufallsauswah erneuern)
linie
linie