"Die
Allgemeine Zeitung aus Namibia belegt mit zwei Berichten
das Für und Wider der Grundeinkommensbeihilfezahlungen
im Rahmen des BIG-Projekts"
Die
namibische Allgemeine Zeitung bringt innerhalb weniger
Tage zwei Berichte zum gleichen Thema, dem sog. BIG-Projekt,
das zu Beginn des Jahres mit der Zahlung von 100 →
Namibia-Dollar
als Grundeinkommensbeihilfe an 1000 Bewohner des Ortes Otjivero/Omitara
nach langer Anlaufzeit in Angriff genommen wurde.
Im
ersten Bericht, vom 3. Oktober, resümiert die von Stefan
Fischer zitierte BIG-Koalition, die Zahlung eines Grundeinkommens
(Basic Income Grant, BIG) reduziere die Armut deutlich und
trage zur Steigerung des Lebensstandards der Empfänger
bei. Dieses Resümee ziehe die Koalition auf der Basis
einer Studie. Nun sollte das Grundeinkommen landesweit ausbezahlt
werden. Stefan Fischer überschreibt diesen Bericht: "Weniger
Armut mit 100 Dollar"
Der
Titel des anderen Berichts - vom 7. Oktober 2008 - lautet:
"Einbruchsserie
um Omitara".
Dieser
zweite Artikel - verfasst von Dirk Heinrich - fasst die negativen
Aspekte des BIG-Projektes im Untertitel folgendermaßen zusammen.
"Die Kriminalität und der Alkoholkonsum haben seit
Beginn des Grundeinkommen-Pilotprojekts (BIG) zugenommen.
Alle Spuren der zahlreichen Einbrüche in Farmhäuser
in den vergangenen zwei Wochen führen in das Barackenlager
bei Omitara."
Der
Bericht beginnt mit der Beschreibung von Schülern, die
ihre Grundschule im Barackenlager von Omitara verlassen sowie
der Feststellung, dass auch die Kinder seit Monaten die besagten
100 N$ pro Monat erhielten und "nur 100 der 281 Schüler
haben ihr Schulgeld von 50 N$ im Jahr bisher bezahlt".
Darauf folgt ohne Übergang der Bericht vom ersten Einbruch
sowie von der Suche nach den Tätern, die unter Beteiligung
von Farmern, darunter Sigi von Lüttwitz, und "Sicherheitsmännern"
ins Barackenlager führte. Zwei Jugendliche von 15 und
16 Jahren, die man der Tat verdächtigte, waren mit einer
Eselskarre dahin geflüchtet. Der Bericht verweist auf
weitere Einbrüche in der Gegend: "Die Spuren der
Diebe führten immer in das Squatter-Camp bei Omitara,
wo alle Einwohner seit einigen Monaten im Rahmen des Grundeinkommen-Pilotprojekts
(BIG-Projekt) jeden Monat 100 Namibia-Dollar erhalten. Seitdem
das Geld dort ausgeteilt wird, habe sich die Kriminalität
in der Gegend erhöht, sagt von Lüttwitz." Darauf
erfolgt erneut der Hinweis, nur 100 Kinder hätten bislang
ihr Schulgeld bezahlt. Viele lebten bei Pflegeeltern, "die
das Geld jedoch für sich und ihre Mühen nehmen würden",
so der Farmer von Lüttwitz, dem der Verfasser auch das
letzte Wort des Berichts überlässt, indem er ihn
sinngemäß zitiert: "Seit Beginn des BIG-Projekts
habe sich allein beim Laden in Omitara der Alkoholverkauf
verdreifacht. 14.000 N$ würden dort monatlich für
Alkohol ausgegeben. In dem Barackenlager gibt es 16 Shebeens
(Barackenbars), von denen nur zwei lizensiert seien. Zudem
gebe es dort abgepacktes Fleisch billig zu kaufen. Die Wilderei
und der Viehdiebstahl, welche seit Jahren für große Verluste
sorgen, hätten in den vergangenen Monaten stark zugenommen."
Ganz
anders liest sich, wie eingangs bereits erwähnt, der
Zwischenstandsbericht der Initiatoren der Grundeinkommensbeihilfe
von der BIG-Koalition. Die positive Einschätzung stützt
sich auf eine Studie, die die Situation der Menschen in dem
Ort Otjivero/Omitara anhand von Bestandsaufnahmen vom November
2007 und vom Juli 2008 vergleicht. Eine grundsätzliche
Änderung wird konstatiert: Die Menschen "bezahlen von
dem Geld nur grundlegende Dinge: Essen, Schulgebühren
und -uniformen. Niemand hat neue Schuhe oder ein Auto erwähnt",
zitiert der Redakteur Stefan Fischer Hilma Shindondola-Moton,
Direktorin des Arbeitsforschungsinstituts und BIG-Partners
LaRRI, das die besagte Studie anfertigte.
Laut
Claudia Haarmann von der evangelischen Kirche ELCRN "habe
sich die Nahrungsmittelsicherheit der Bewohner von 20 auf
60 Prozent erhöht" und der tägliche Lebensmittelmangel
"sei zudem von 30 auf zwölf Prozent zurückgegangen".
Im
direkten Widerspruch zum nur vier Tage später veröffentlichten
Bericht steht die Aussage, es hätten "im ersten
Halbjahr 2008 doppelt so viele Kinder wie sonst die Schule
besucht, weil die Gebühren dafür bezahlt worden
seien." Im Übrigen sei die Zahl der Fehlstunden durch
Schulbummelei um fünfzig Prozent zurückgegangen.
Auch
der Hinweis von der "armutsbedingten Kriminalität"
von Herbert Jauch vom LaRRI widerspricht dem zweiten Bericht.
Diese sei von 28 auf elf Fälle (jeweils in einem 5-Monats-Zeitraum)
zurückgegangen. "Verbrechen werden durch Armut forciert",
wird Jauch zitiert. Er erklärte weiter, die meisten Vergehen
der Menschen dieses Ortes hätten darin bestanden, "dass
sie (Feuer-)Holz von kommerziellen Farmen gestohlen hätten".
"Mit dem Wissen über die Ergebnisse der Studie",
sagte er weiter, "ist es jetzt sogar kriminell, BIG für
ganz →
Namibia
nicht zu unterstützen."
Abschließend
konstatiert Dirk Haarmann von der ELCRN, die Auszahlung des
Grundeinkommens habe "auch zu wirtschaftlicher Stimulierung
und Vorsorgementalität beigetragen". ·
(AZ, Namibia)
Quelle:
Allgemeine
Zeitung Namibia (AZ, Namibia)
Anmerkung:
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inkl. arabischer Raum
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