"Stadtzerstörungen
und die Weisheit des Kaukasischen Kreidekreises",
überschreibt
Paul Ntambara seine Stellungnahme in der Rubrik Opinion
der englischsprachigen Tageszeitung The New Times
und erweckt die Neugier des Lesers ob der zu erwartenden Verknüpfung
von Themen, die augenscheinlich nicht weiter voneinander entfernt
liegen könnten. Nichts währe so lange, führt
Paul Ntambara ein, wie die Liebe einer Mutter, sage man, "aber
ich muss hinzufügen: Nichts währt so lange wie ein
gutes Buch. In dieser Woche veranlasste mich das Lesen Bertolt
Brechts Der kaukasische Kreidekreis (zum x-ten Mal)
zum Nachdenken über die laufenden Zerstörungen in
der Stadt Kigali, die Applaus und Aufruhr erregt haben."
Der kaukasische Kreidekreis sei Ntambara zufolge
"ein Spiel im Spiel mit einem übergeordneten Thema,
dass, wer auch immer die bestmögliche Nutzung der Ressourcen
vornehme, um für andere zu sorgen, es verdiene, sie zu
erhalten. Das Stück handele von einem Streit über
ein Tal. Zwei Gruppen, die Mitglieder der Galinsk Ziegenzucht-Kolchose
und die Mitglieder des benachbarten Rosa Luxemburg-Obsthofs
beanspruchten jeweils für sich ein Tal in einem zerstörten
Dorf im sowjetischen Kaukasus kurz nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges.
Ein Experte der Staatlichen Kommission für Wiederaufbau,
erläutert Ntambara weiter den Inhalt des Kaukasischen
Kreidekreises, werde entsandt, um den Streit zu schlichten.
Die Obstbauern argumentierten, dass sie detaillierte Pläne
besäßen, um das Tal zu bewässern und Nahrung
zu produzieren. Die Ziegenhirten beanspruchten das Land, "weil
sie schon immer dort lebten". Am Ende würden die
Obstbauern das Tal erhalten, weil sie das Land besser zu nutzen
wüssten. Den Bauern bleibe ein kleiner Teil und Arkadi
Tschcheidse, ein Sänger, stimme zu, ihnen die Geschichte
vom Kreidekreis zu erzählen, bis der Vorhang falle.
Die Stadt Kigali gleiche einer großen Baustelle. Die
Implementierung des Masterplans der Stadt Kigali bedeutete
den Abriss der Slum-Viertel wie des Lower Kiyovu (Kiyovu cyabakene)
und als nächste in der Reihe das Kimicanga und das Muhima,
ungeachtet des Ausgleichs. Der Prozess vollziehe sich nicht
allzu rosig, realisierten die Vollzugsbeamten der Stadt Kigali.
In einigen Fällen seien Bulldozer gerufen worden, um
Abrisse von Bauten vorzunehmen, deren Besitzer die Räumung
der Parzellen trotz Kompensation verweigert hätten.
Der größte Streitpunkt liege im Widerspruch von
persönlichem Anspruch und öffentlichem Interesse.
Es sei offensichtlich, dass die oben genannten Viertel nicht
in die Vorstellung von der "Gartenstadt Kigali"
passten. Im Geiste des Kaukasischen Kreidekreis hätte
der Streit um die Grundstücke "im Gesang beendet"
werden sollen in der Erkenntnis, dass die Sanierung der Slum-Viertel
dem gemeinsamen Wohl der Gemeinde diene. Leider sei dies nicht
der Fall gewesen.
Es sei offensichtlich, schreibt der Brechtkenner Ntambara
weiter, dass einige der betroffenen Anwohner nicht kooperativ
gewesen seien und dass der "Schiedsrichter" keinen
guten Job gemacht habe. "Viele haben sich über Verzögerungen
beim Enteignungsprozess und die widersprüchlichen Mitteilungen
von oben beschwert. Am Dienstag berichtete diese Zeitung von
einer Abrissmitteilung an Kimicanga-Vermieter. Bei einem Treffen
zwischen Gasabo-Bezirkbeamten und Vermietern in Kimicanga
wurden diesen zwei Wochen gegeben, um ihre Häuser zu
zerstören und damit den Weg zu ebnen für die Integration
des Gebietes in das Kimicanga Vergnügungsviertel.
Bürgermeister Fidele Ndayisaba habe zu diesem Thema Folgendes
ausgedrückt: "Das ist nicht möglich ... Einwohner
haben gesetzlich garantiert das Recht, nach dem Ausgleich
für einen Zeitraum von maximal drei Monaten dort zu bleiben
"
Solche Widersprüche seien nicht hilfreich bei der Konsensbildung
des oft explosiven Themas Land.
"Der Plan, die Stadt im Einklang mit dem Kigali City-Masterplan
zu sanieren, ist herrlich", kommt Paul Ntambara zu einem
Ende seiner Ausführungen.. Aber der Prozess müsse
gestrafft werden. Eine angemessene Entschädigung- und
Kommunikationsstrategie muss geschaffen werden. Der Enteignungprozess
sollte gründlich und im Einklang mit dem Gesetz sein.
Wo Entschädigung zu erfolgen habe, sollte sie rechtzeitig
erfolgen. "Nur dann endet der Prozess wie in Der
kaukasische Kreidekreis im Gesang und nicht in Gefluche."
·
(New Times, Rwanda, ÜEK:
J.K.)
Quelle:
The
New Times, Rwanda's First Daily (New Times, Rwanda)
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen
übersetzt und kommentiert : Janko Kozmus ©
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