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Literarisches Portrait: Boualem Sansal – Teil IIDaten und Fakten - Fortsetzung
2001
2003 2005
2006
2007
2008 2011
Rue Darwin (dt: Rue Darwin; Übersetzung: Christiane Kayser. Vastorf 2012), Roman. Paris 2011. - Nach dem Tod seiner Mutter kehrt der Erzähler Yazid in die Rue Darwin im Viertel Belcourt von Algier zurück, wo er seine Jugend bei Pflegeeltern verbrachte. Die Vergangenheit wird lebendig. Yazid war - wie die anderen Kinder des Viertels auch - als Nachrichtenbote am Unabhängigkeitskampf, an der Schalcht um Algier, beteiligt. 2012 2013
2015 2018 2019 Boualem Sansal lebt mit seiner zweiten Ehefrau in der Nähe von Algier, in Boumerdès[12]. |
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"Das erste Mal, als ich Dich an der Rezeption eines algerischen Hotels traf, habe ich Dich lange beobachtet: Du bist jemand, der nicht unter Menschen geht, Du bist reserviert und Du redest wenig. Ich glaube gar, dass Du jemand bist, der schüchtern ist." - Ali Ghanem in einem Interview, in: Quotidien d'Oran, v. 24.09.2000. |
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"Boualem Sansal genießt diese kleine Fluchten. Sicher lenkt er seinen alten Wagen durch die hochgelegenen Stadtteile Algiers. Zu Fuß geht der 57-jährige Schriftsteller nur noch ungern, seit der Terror seine Heimat Algerien in den 90er-Jahren heimgesucht hat. (...) 'Heftige Kritik kann man nicht glaubwürdig vom Ausland aus üben', sagt Sansal mit sicherer Stimme, bevor er die Rundfahrt auf den Höhen Algiers beendet." Reiner Wandler, Das unbequeme Gewissen Algeriens, taz v. 13.12.2007. |
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0) Die Daten zu Kindheit, Studium und Ingenieurstätigkeit sind zitiert nach Angaben der Sansal-Seite des Merlin Verlags, der das Werk des algerischen Autors in deutscher Übersetzung herausgibt. 1) Vgl. bibliobs.nouvelobs.com
2)
In einem Interview für das englischsprachige Algeria Interface
fragt Zineb Moussaoui den Autor, der bis dahin rein technische Bücher
verfasst hatte, wie es zu diesem ersten Roman kam. B.S. entgegnet,
das Buch sei als Antwort auf die "unerträgliche Gewalt,
ausgeführt von Barbaren" in seinem Lande zu verstehen ...
Im Übrigen seien nicht nur die Terroristen die Barbaren, eine
Anspielung auf die Verhältnisse, auf die Si Larbi, der Protagonist
des Buches, bei der Untersuchung von zwei Mordfällen in den Bildungs-,
Rechts- und Bildungsinstitutionen des Ortes Rouiba stößt.
Ob er nicht tatsächlich - wie ihm seine Kritiker entgegenhielten
- ein "koloniales Paradies" beschreibe, indem er dem alten
Rouiba nachtrauere? Die französischen Kleingewerbetreibenden,
die er vor 1962 erlebt habe, seien ganz gewöhnliche Europäer
gewesen, die sich niedergelassen hatten, antwortet Sansal. - Der erste
Romanentwurf, erzählt Sansal weiter, stand in vier Monaten, dann
habe er zwei weitere Jahre daran gearbeitet, um ihn zu perfektionieren;
irgendwann musste es zu einem Ende kommen. Und er war erleichtert.
(Vgl. Zineb Moussaoui, INTERFACE
INTERVIEWS BOUALEM SANSAL, in: Algeria Interface) 3) In einem Interview mit Daniel Bermond für die Revue LIRE verweist Sansal auf die symbolische Funktion der Figur des stummen Kindes im Gefängnishof; es steht für die Situation seines Landes. 4) Anlässlich des Erscheinens dieses Romans wurde B.S. in einem Interview gefragt, was für ihn das Paradies bedeute. Sansal antwortete: "Das ist das Leben mit seinen guten und schlechten Seiten. In dem Moment, in dem man es akzeptiert, wie es ist, ist es schon das Paradies. In dem Moment, in dem man nicht mehr zufrieden ist, verwirft man alles, was einem begegnet und man ist in der Hölle. Das Leben ist paradiesisch, wenn man es akzeptiert. Es sind die kleinen Sachen des alltäglichen Lebens. Das ist sehr schön. In dem Moment, in dem man beginnt wählerisch zu werden, akzeptiert man Verschiedenes nicht ... man begibt sich selbst in die Hölle". (Vgl. Interview v. O. Hind, in: L'Expression v. 2.04.2003) 5) In einem Interview mit Ali Ghanem für die algerische Tageszeitung Quotidien d'Oran bezeichnet Boualem Sansal im Mai des Jahres 2003 seinen Chef, den Industrieminister El-Hachemi Djaaboub, als Islamisten. 6)
Boualem Sansals Bücher sind in seiner algerischen Heimat, wo
er immer noch lebt, verboten und erscheinen seit Jahren im Original
in Paris. 7)
In einem Interview von Grégoire Leménager anlässlich
der Buchveröffentlichung nimmt dieser Bezug auf die Aussage einer
der Hauptfiguren des Romans, die den Imam im Pariser Vorort wie einen
SS-Angehörigen wahrnehme, und "...wenn ich sehe, was die
Islamisten hier und anderswo machen, dann sage ich mir, dass sie die
Nazis noch übertreffen werden, eines Tages, wenn sie an der Macht
sind". Daran angeschlossen die direkte Frage: "Inwieweit
teilen Sie diesen Standpunkt?" Sansal antwortet: "Wir leben
unter einem national-islamistischen Regime und einer von Terrorismus
geprägten Umgebung, und wir sehen sehr wohl, dass die Grenze zwischen
Islamismus und Nazismus dünn ist ...). 8) Der Preis wird seit 1983 jährlich an einen frz.-sprachigen Schriftsteller vergeben, dessen Werk in Sprache und Geist den Werten des bretonischen Vorbilds Louis Guilloux verpflichet ist, das sich gegen "jegliche Schwarzmalerei" und die "Aufopferung des Individuums für eine abstrakte Ideologie" richtet. 9) Der Friedenspreis wird für eine Persönlichkeit vergeben, "die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens" beiträgt. Boualem Sansal ist bereits der zweite algerische Preisträger. Im Jahre 2000 erging dieser an seine Landesgenossing Assia Djebar. 10)
Inhaltlich bezieht sich dieser Artikel v. Boualem Sansal selbstverständlich
auf die aktuellen Ereignisse - zu Beginn des Jahres 2011 - in der
arabischen Welt, insbesondere auf die Geschehnisse in Algerien,
Tunesien
und Ägypten.
Der provokante Titel Das Problem der arabischen Demokratie heißt
Islam wird im Untertitel noch untermauert, wo es heißt
"Die Aufstände in Tunesien und Ägypten verdienen Respekt.
Aber solange Religion und Nationalismus dominieren, besteht wenig
Aussicht auf bessere Zeiten." 11) Der im Jahre 2008 gegründete Prix du Roman arabe ging im Gründungsjahr an den libanesisch-palästinensischen Autor Elias Khoury, des Weiteren an Sansals Landsmann Rachid Boudjedra, an den ägyptischen Schriftsteller Gamal al-Ghitani sowie an Hanan El Cheikh. 12) Seine beiden erwachsenen Töchter aus erster Ehe mit einer Tschechin leben inzwischen in Prag (vgl. Biographie zu B. S. des Merlin Verlags), nicht (mehr) - wie zuletzt an obiger Stelle berichtet - mit ihm in Boumerdès. |
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INTERFACE INTERVIEWS BOUALEM SANSAL, Zineb Moussaoui, in: Algeria Interface (in engl. Sprache) | |||||||||||||||||||||||||||||
Das unbequeme Gewissen Algeriens, v. Reiner Wandler, taz v. 13.12.2007. | |||||||||||||||||||||||||||||
Boualem Sansals deutscher Verlag: Merlin-Verlag | |||||||||||||||||||||||||||||
Le
Village de l'Allemand, radioalger im Gespräch mit
dem Autor über sein Buch, in frz. Sprache |
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Boualem Sansal : le kamikaze, anlässlich des Erscheinens des Romans 2084 | |||||||||||||||||||||||||||||
2004–2019
© by Janko Kozmus |
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Hypnotisch teuflisch Neusprech II (zu: 2084 Das Ende der Welt) | |||||||||||||||||||||||||||||
Sehnsucht nach ferner Heimat (zu: Maghreb - eine kleine Weltgeschichte) | |||||||||||||||||||||||||||||
Kinder der Matrix (zu: Rue Darwin) | |||||||||||||||||||||||||||||
Die Straßenverbrenner (zu: Harraga) | |||||||||||||||||||||||||||||
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