"Interview
mit der Schriftstellerin
Zahra El Basri Naqrachi"
Die
französischsprachige marokkanische Zeitung Le Matin
bringt ein Interview von Afaf Razouki mit der Schriftstellerin
Zahra El Basri Naqrachi und stellt diesem ein Zitat der Interviewten
voran:
"Ich
widme meinen dritten Roman Ifrane, das mir so viel gebracht
hat"
Zahra
El Basri Naqrachi sei eine Frau wie keine andere, heißt
es vor dem eigentlichen Interview, eine autodidaktische Schriftstellerin,
die durch ihren Willen und ihre Charakterstärke in der
Lage gewesen sei, ihrer Leidenschaft, dem Lesen, treu zu bleiben.
Ihr Talent für das Schreiben sei erst vor einigen Jahren
durch die Unterstützung ihrer Familie entdeckt worden.
„Im Alter von 72 Jahren fährt diese Mutter von
vier Kindern fort, das zu tun, was sie am meisten liebt, jeden
Tag genießt sie die zauberhafte Welt der Literatur.“
Le
Matin: "Wie hat Ihre Leidenschaft für die Literatur
begonnen?"
Diese
Leidenschaft für die Literatur, so Zahra El Basri Naqrachi
in ihrer Antwort, sei im frühen Alter geweckt worden,
"als ich meine Grundschule in Rabat, Institution Guessous,
besuchte. Während dieser Zeit war ich im Internat, wo
wir eine Bibliothek zur Verfügung hatten. Ich verbrachte
meine ganze Freizeit in der Bibliothek, las alle möglichen
Bücher und Romane, insbesondere die von Colette, die
meine Lieblingsschriftstellerin war."
Le
Matin: "Als autodidaktische Schriftstellerin hatten Sie
mehrere Hürden zu nehmen, bevor sie zum Schreiben gekommen
sind. Erzählen Sie uns ein wenig über Ihren Hintergrund."
Sie
sei im Alter von 15 Jahren verheiratet worden, antwortet Zahra
El Basri Naqrachi, so dass sie leider nicht in der Lage gewesen
sei, ihr Studium zu beenden. Ihr Vater habe zwar darauf bestanden,
dass sie ihr Studium beende, bevor sie heirate, "aber
der familiäre Druck brachte ihn schließlich davon
ab. Nach meiner Ehe lebte ich mit meinem Mann, einem ehemaligen
Mitglied der französischen Armee, der dann der marokkanischen
Armee beitrat, in Bengurir. Ein paar Jahre später wurde
mein Mann nach Ifrane versetzt. Also ließen wir uns
in Ifrane nieder, wo mein Mann mehrere Unternehmen sowie eine
Bibliothek erworben hat, die er mir anvertraute." Das
sei das das beste Geschenk gewesen, das er ihr habe machen
können. Es sei gewesen, "als ob er den Mond gewonnen
und mir angeboten hätte". Dann habe sie den Großteil
ihrer Zeit in der Bibliothek zwischen Büchern verbracht,
wo sie ihrer Leidenschaft, dem Lesen, frönen könnte,
"wie ich es seit meiner Kindheit getan hatte". Dennoch
sei ihr nie die Idee gekommen, selbst ein Buch zu schreiben.
Vor ein paar Jahren jedoch habe sie ein Freund darauf gebraucht
und sie habe zu schreiben versucht. In dieser Zeit habe sie
die Romane Die Farbe Lila von Alice Walker und Die
Früchte des Zorns von John Steinbeck, der sie wirklich
inspiriert habe, gelesen. Und mit der Ermunterung ihrer Familie
habe sie sich entschlossen, den Sprung vom Konsum hin zur
Erstellung literarischer Produkte zu wagen. "So kam es,
dass ich meine Feder nahm, und meinen ersten Roman Un
Riad à Marrakech (Ein Haus in Marakesch), veröffentlicht
im Jahr 2000, zu schreiben begann."
Le
Matin: "Sie sind die Autorin von drei Romanen. Worin
liegt die Inspiration Ihres Schreibens?"
"Für
jeden meiner Romane hatte ich eine andere Inspiration. In
Bezug auf meinen ersten Roman Un Riad à Marrakech
wurde ich von den verschiedenen marokkanischen Traditionen
inspiriert. Ich habe versucht durch die Augen eines kleinen
Mädchens das Leben in einem marokkanischen Riad (Haus/Hof/Palast)
zu sehen und eine vollständige Beschreibung der Rituale,
Zeremonien und Bräuche von Marokko zu machen. Für
meinen zweiten Roman Amour lapidé (Versteinerte
Liebe), wurde ich von einer Geschichte inspiriert, die mir
meine Mutter, als ich klein war, jede Nacht erzählte.
Es handelte sich um eine Geschichte, die eigentlich von dem
großen marokkanischen Künstler Abdelwahab Doukkali
in seinem Lied Kan Ya Makan erzählt wird, eine
Tragödie, die Geschichte zweier Liebender, die durch
die Kräfte des Bösen verraten wurden und in die
alten Tage eintauchen, als eine Abkehr von Hochzeitsbräuchen
mit dem Tod und der Schande der Ausgrenzung bestraft wurde.
Was meinen dritten Roman "Ifrane, Merveille du Moyen
Atlas (Ifrane, Wunder im Mittleren Atlas) angeht, wurde ich,
"von den alten und neueren Geschichten der Stadt Ifrane
zum Schreiben inspiriert".
Le
Matin: "Ist Ihr neuester Roman Ifrane, Merveille
du Moyen Atlas vielleicht als eine Hommage an Ifrane,
die Stadt, die Sie so geprägt hat, zu betrachten?"
„Absolut.
Ich liebe Ifrane, wo ich seit 1957 wohne. Jede Ecke dieser
Stadt ist Zeuge meiner größten Erfolge und meiner
stärksten Emotionen. In dieser Stadt lebte ich die besten
Momente meines Lebens, erkannte meine Träume und meine
ersten Schritte als Schriftstellerin“, äußert
sich Zahra El Basri Naqrachi begeistert. "Deshalb möchte
ich meinen dritten Roman Ifrane widmen, einer Stadt, die mir
sehr viel gebracht hat, als Mensch und als Schriftstellerin."
Le
Matin: "Wie ist Ihre Meinung über die aktuelle Situation
der marokkanischen Frauen?"
"Viele
marokkanische Frauen leiden unter Unwissenheit und folglich
finden sie sich wieder im Rückzug zu dem, was um sie
herum geschieht. In diesem Sinne besteht die beste Lösung
meiner Meinung nach darin, die marokkanischen Frauen zum Lesen
zu motivieren und zu ermutigen, um ihre Unwissenheit hinter
sich zu lassen und dafür zu sorgen, ihre Rolle als aktive
Bürgerinnen im Bewusstsein um die dynamischen Veränderungen
in ihrem Umfeld wahrzunehmen und sich in die Lage zu versetzen,
sich an der Entwicklung ihres Landes zu beteiligen."
Eine
außergewöhnliche Reise
Unter diesem Titel wird das vorliegende Interview mit einem
kurzen Abriss zu Leben und Werk der Schriftstellerin abgerundet:
Geboren im Jahre 1940, ist Zahra El Basri Naqrachi eine autodidaktische
Schriftstellerin, die ihren ersten Roman im Jahr 2000 mit
dem Titel "Un Riad à Marrakech (Ein Haus in Marakesch)"
geschrieben hat, der zweite Roman, "Amour lapidé
(Versteinerte Liebe)", erschien 2004. 2012 veröffentlichte
sie ihren dritten Roman: "Ifrane, Merveille du Moyen
Atlas (Ifrane, ein Wunder des Mittleren Atlas)." Für
ihre "herausragende Karriere" wurde sie im Jahr
2009 mit der Khmissa-Auszeichnung geehrt.
· (Le Matin,
Marokko,
ÜFK:
J.K.)
Quelle:
Le
Matin, frz.-spr. marokkan. Tageszeitung (Le Matin, Marokko)
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen
übersetzt und kommentiert v.Janko Kozmus ©
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