DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 15. April 2012

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Marokko ·  


"Interview mit der Schriftstellerin Zahra El Basri Naqrachi"

Die französischsprachige marokkanische Zeitung Le Matin bringt ein Interview von Afaf Razouki mit der Schriftstellerin Zahra El Basri Naqrachi und stellt diesem ein Zitat der Interviewten voran:

"Ich widme meinen dritten Roman Ifrane, das mir so viel gebracht hat"

Zahra El Basri Naqrachi sei eine Frau wie keine andere, heißt es vor dem eigentlichen Interview, eine autodidaktische Schriftstellerin, die durch ihren Willen und ihre Charakterstärke in der Lage gewesen sei, ihrer Leidenschaft, dem Lesen, treu zu bleiben. Ihr Talent für das Schreiben sei erst vor einigen Jahren durch die Unterstützung ihrer Familie entdeckt worden.
„Im Alter von 72 Jahren fährt diese Mutter von vier Kindern fort, das zu tun, was sie am meisten liebt, jeden Tag genießt sie die zauberhafte Welt der Literatur.“

Le Matin: "Wie hat Ihre Leidenschaft für die Literatur begonnen?"

Diese Leidenschaft für die Literatur, so Zahra El Basri Naqrachi in ihrer Antwort, sei im frühen Alter geweckt worden, "als ich meine Grundschule in Rabat, Institution Guessous, besuchte. Während dieser Zeit war ich im Internat, wo wir eine Bibliothek zur Verfügung hatten. Ich verbrachte meine ganze Freizeit in der Bibliothek, las alle möglichen Bücher und Romane, insbesondere die von Colette, die meine Lieblingsschriftstellerin war."

Le Matin: "Als autodidaktische Schriftstellerin hatten Sie mehrere Hürden zu nehmen, bevor sie zum Schreiben gekommen sind. Erzählen Sie uns ein wenig über Ihren Hintergrund."

Sie sei im Alter von 15 Jahren verheiratet worden, antwortet Zahra El Basri Naqrachi, so dass sie leider nicht in der Lage gewesen sei, ihr Studium zu beenden. Ihr Vater habe zwar darauf bestanden, dass sie ihr Studium beende, bevor sie heirate, "aber der familiäre Druck brachte ihn schließlich davon ab. Nach meiner Ehe lebte ich mit meinem Mann, einem ehemaligen Mitglied der französischen Armee, der dann der marokkanischen Armee beitrat, in Bengurir. Ein paar Jahre später wurde mein Mann nach Ifrane versetzt. Also ließen wir uns in Ifrane nieder, wo mein Mann mehrere Unternehmen sowie eine Bibliothek erworben hat, die er mir anvertraute." Das sei das das beste Geschenk gewesen, das er ihr habe machen können. Es sei gewesen, "als ob er den Mond gewonnen und mir angeboten hätte". Dann habe sie den Großteil ihrer Zeit in der Bibliothek zwischen Büchern verbracht, wo sie ihrer Leidenschaft, dem Lesen, frönen könnte, "wie ich es seit meiner Kindheit getan hatte". Dennoch sei ihr nie die Idee gekommen, selbst ein Buch zu schreiben. Vor ein paar Jahren jedoch habe sie ein Freund darauf gebraucht und sie habe zu schreiben versucht. In dieser Zeit habe sie die Romane Die Farbe Lila von Alice Walker und Die Früchte des Zorns von John Steinbeck, der sie wirklich inspiriert habe, gelesen. Und mit der Ermunterung ihrer Familie habe sie sich entschlossen, den Sprung vom Konsum hin zur Erstellung literarischer Produkte zu wagen. "So kam es, dass ich meine Feder nahm, und meinen ersten Roman Un Riad à Marrakech (Ein Haus in Marakesch), veröffentlicht im Jahr 2000, zu schreiben begann."

Le Matin: "Sie sind die Autorin von drei Romanen. Worin liegt die Inspiration Ihres Schreibens?"

"Für jeden meiner Romane hatte ich eine andere Inspiration. In Bezug auf meinen ersten Roman Un Riad à Marrakech wurde ich von den verschiedenen marokkanischen Traditionen inspiriert. Ich habe versucht durch die Augen eines kleinen Mädchens das Leben in einem marokkanischen Riad (Haus/Hof/Palast) zu sehen und eine vollständige Beschreibung der Rituale, Zeremonien und Bräuche von Marokko zu machen. Für meinen zweiten Roman Amour lapidé (Versteinerte Liebe), wurde ich von einer Geschichte inspiriert, die mir meine Mutter, als ich klein war, jede Nacht erzählte. Es handelte sich um eine Geschichte, die eigentlich von dem großen marokkanischen Künstler Abdelwahab Doukkali in seinem Lied Kan Ya Makan erzählt wird, eine Tragödie, die Geschichte zweier Liebender, die durch die Kräfte des Bösen verraten wurden und in die alten Tage eintauchen, als eine Abkehr von Hochzeitsbräuchen mit dem Tod und der Schande der Ausgrenzung bestraft wurde. Was meinen dritten Roman "Ifrane, Merveille du Moyen Atlas (Ifrane, Wunder im Mittleren Atlas) angeht, wurde ich, "von den alten und neueren Geschichten der Stadt Ifrane zum Schreiben inspiriert".

Le Matin: "Ist Ihr neuester Roman Ifrane, Merveille du Moyen Atlas vielleicht als eine Hommage an Ifrane, die Stadt, die Sie so geprägt hat, zu betrachten?"

„Absolut. Ich liebe Ifrane, wo ich seit 1957 wohne. Jede Ecke dieser Stadt ist Zeuge meiner größten Erfolge und meiner stärksten Emotionen. In dieser Stadt lebte ich die besten Momente meines Lebens, erkannte meine Träume und meine ersten Schritte als Schriftstellerin“, äußert sich Zahra El Basri Naqrachi begeistert. "Deshalb möchte ich meinen dritten Roman Ifrane widmen, einer Stadt, die mir sehr viel gebracht hat, als Mensch und als Schriftstellerin."

Le Matin: "Wie ist Ihre Meinung über die aktuelle Situation der marokkanischen Frauen?"

"Viele marokkanische Frauen leiden unter Unwissenheit und folglich finden sie sich wieder im Rückzug zu dem, was um sie herum geschieht. In diesem Sinne besteht die beste Lösung meiner Meinung nach darin, die marokkanischen Frauen zum Lesen zu motivieren und zu ermutigen, um ihre Unwissenheit hinter sich zu lassen und dafür zu sorgen, ihre Rolle als aktive Bürgerinnen im Bewusstsein um die dynamischen Veränderungen in ihrem Umfeld wahrzunehmen und sich in die Lage zu versetzen, sich an der Entwicklung ihres Landes zu beteiligen."

Eine außergewöhnliche Reise

Unter diesem Titel wird das vorliegende Interview mit einem kurzen Abriss zu Leben und Werk der Schriftstellerin abgerundet:
Geboren im Jahre 1940, ist Zahra El Basri Naqrachi eine autodidaktische Schriftstellerin, die ihren ersten Roman im Jahr 2000 mit dem Titel "Un Riad à Marrakech (Ein Haus in Marakesch)" geschrieben hat, der zweite Roman, "Amour lapidé (Versteinerte Liebe)", erschien 2004. 2012 veröffentlichte sie ihren dritten Roman: "Ifrane, Merveille du Moyen Atlas (Ifrane, ein Wunder des Mittleren Atlas)." Für ihre "herausragende Karriere" wurde sie im Jahr 2009 mit der Khmissa-Auszeichnung geehrt.
· (Le Matin, Marokko, ÜFK: J.K.)

Quelle:
Le Matin, frz.-spr. marokkan. Tageszeitung (Le Matin, Marokko)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen übersetzt und kommentiert v.Janko Kozmus ©


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