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Update: 19.08.17 |
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anspruchsvoll
phantastische Literatur
EINLEITENDER
TEXT ZUR ARBEIT DER REZENSENTEN:
Frangipani
in Marzahn
"Das
Leben in der Wüste", will sagen: Bücherwüste,
"gestaltet sich oft schwierig"! Die Kamele von Rezensenten
- ob aus eigenem oder fremdem Munde berufen - suchen und suchen
und eines Tages finden Leser hirnlose Buchkommentare vor.
Wer an dieser Stelle rätselt, auf welches Zitat ich anspiele,
ist entweder unverschämt jung - es sei ihm nachgesehen - oder
ein literarischer Kostverächter, dem - ohne ihn belehren zu
wollen - mitgegeben sei: Nicht nur wäre es ein Amüsement besonderer
Art, mit einem Kerl wie Franz Biberkopf in einer Berliner
Kneipe ein Bier zu trinken, nein, auch seiner von Lug und
Trug verbogenen Biografie zu folgen, bedeutet Höchstgenuss,
den man sich nicht entgehen lassen sollte! Der fatale Leserfund
liegt übrigens am mageren Lesefutter und weniger am Rezensentenkamel
selbst, das sich beizeiten genötigt sieht, aus dem vorgefundenen
Wenigen ein Mehr zu zaubern. Lügen? Nein, nur ein wenig Kosmetik.
Um
solchem Leserfrust vorzubeugen, habe ich mir einen Bereich
in der Literatur ausgesucht, der erstens nicht so abgenagt
ist wie die "gebleichten Knochen" in der Wüste und der zweitens
schon als Anderes mehr zu bieten hat, als der konventionelle
Büchermarkt. Es erschließen sich ungewöhnliche Räume, woraus
ungewöhnliche Perspektiven entspringen, wie die des Geckos
in Agualusas
Roman Das Lachen des Selbigen oder die des Kneipenköters Mbudjak
in Nganangs Hundezeiten
oder die von xipoco, einer untoten Seele in Mia Coutos Roman
Unter dem Frangipanibaum etc. pp.
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HERR
DER KRÄHEN
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Ein
solcher, ich rede noch immer vom Frangipani, ist übrigens,
den Berlinern unter uns sei's anempfohlen, in Marzahns Gärten
der Welt zu finden. In ein kleines Gewächshaus ist themenparkgerecht
Bali eingezwängt, und dort breitet sich - Schwüle transpirierend,
aber ästhetisch nicht unansprechend - jener Exotenbaum aus.
Der Roman mit dem sinistren Baumtitel ist übrigens einer von
vielen, die dem Magischen Realismus zuzurechnen sind, von
denen sich in erster Linie in der Subsahara, weniger politisch
korrekt ausgedrückt: in Schwarzafrika viele tummeln. Für den,
der draufsteht - auch oppulente Romane können attraktiv
sein, man denke bloß an Ngugis Herr
der Krähen! - ein Lesevergnügen orgiastischen
Ausmaßes!
Da ich davon ausgehe, dass der besagte junge Leser inzwischen
die Lektüre dieser Auslassungen - eine Perle unter ihresgleichen
- aufgegeben oder aber die Herkunft der Zitate gegoogelt hat,
kann ich die Quelle getrost weiter ausbeuten.
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IN
DEN VEREINIGTEN STAATEN VON AFRIKA
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Ausgehend
von der Überzeugung der Brauchbarkeit der Negation als konstruktives
Element weise ich darauf hin, weiterhin nicht zu planen, Bücher,
in deren Sätzen oder Versen das Blut "knüppelhageldick" fließt,
zu besprechen. Autsch!! und wieder habe ich einige Leser verscheucht.
Stattdessen verfolge ich getrost jene Theorie, die von den
Verantwortlichen für die Kultur jenes Staates ersonnen wurde,
dessen politische Macher für das Fundament eines Kunstobjekts
verantwortlich zeichnen, das nun mit wachsender Begeisterung
von einem ansehnlichen Teil der unverschämt-jungen Weltbevölkerung
alltäglich, vorzugsweise in den Sommermonaten, frequentiert
wird: auch East-Side-Gallery genannt. Jene Kulturverantwortlichen
meinten nämlich vermessen - die Altvorderen mögen einen Moment
weghören, bevor sie zu gähnen anfangen - die Kunstproduktion
möge sich - frech verkürzt vermeldet - nicht den flachen Vorlieben
des breiten Publikums anpassen, sondern es gelte vielmehr,
dem Publikumsgeschmack mittels Wissen und mitunter ausgedehnten
Exerzitien auf ein höheres Niveau zu verhelfen. Diesem Glaubenssatz
verpflichtet, präsentiere ich stolz Bücher wie jenes von Waberi
mit dem vielsagenden Titel In
den Vereinigten Staaten von Afrika.
Den
Schluss garniere ich mit dem, was jedem Buchbesprecher als
ein besonderes Schmankerl gilt. Evoziert die Nähe zum Begriff
"Buchbeschwörer" nicht prächtig-mächtige Bilder? Man denke
nur an die Tausende von Händen, deren Besitzer sich im Stadion
erheben und ihre Pfötchen zitternd in den Wind strecken, um
das Ersehnte herbeizubeschwören: Dieser Angriff, dieser Freistoß
muss einfach das Runde ins eckige Ziel befördern! Nicht selten
gleicht das Entlocken von für Superlative tauglichen Attributen
aus verkalktem Rezensentenkamelhirn solcherart Beschwörung;
an die Zaubersprüche eines Medizinmannes wollen wir hier nicht
denken. Mit der Delikatesse sind natürlich die gebundenen
oder geklebten Seitenkompilationen gemeint, in denen sich
jene selten anzutreffenden Elemente einer also einzigartigen
Triade ein Stelldichein geben: Information, Spannung und niveauvolle
Unterhaltung. Das gilt insbesondere für die Bücher eines Yasmina
Khadra. Wagt er sich in dieses islamisch geprägte
Terrain, wird auch der wenig geneigte Leser sogleich entdecken,
hier verspürten die Rezensentenkamele unvergleichliches Vergnügen,
die Arbeit wurde zum Genuss, die Bücherwüste zur Oase. Es
zittern aufgeregt die Höcker, des Frangipani Blüten flüstern:
Du darfst mich erst wieder besuchen, wenn du mein Buch
endlich aufgenommen hast!
Janko Kozmus
© 2012 |