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Rezension:
→ Patrice
Nganang - Zeit der Pflaumen
Eine Axt namens de Gaulle Zeit der Pflaumen, zweiter Teil der historischen Kamerun-Trilogie von Patrice Nganang Viel
ist vom Krieg die Rede in dem Buch Zeit der Pflaumen, doch
handelt es sich hierbei keineswegs um einen Kriegs-, sondern um einen
historischen Roman. Schauplatz ist Kamerun und die weitere Region, bis
in die heutigen Länder Libyen und Tschad hinein. Zum Zeitpunkt
des Einsetzens der Romanhandlung im Jahre 1940, im August, wenn die
afrikanische Pflaume geerntet wird, ist das ehemals unter deutscher
Schutzherrschaft stehende Kamerun längst keine Kolonie mehr. Es
wurde 1919 in den Versailler Verträgen offiziell an den Völkerbund
übergeben, der seinerseits das Mandat für die Verwaltung an
Großbritannien und Frankreich weitergab, wobei der weitaus größere
Teil unter französischen Einfluss geriet. Zeit der Pflaumen
ist nach Der Schatten des Sultans der zweite Teil einer Trilogie,
die laut Aussage des französisch schreibenden Autors Patrice Nganang
das Fehlen Kameruns und ganz Afrikas auf der historischen Weltkarte
beheben helfen soll.
Soweit
der Rahmen entlang der politisch-historischen Grundlinien, gesetzt vom
1970 in Jaunde geborenen Historiker Nganang. Lebendigkeit und Frische
erhält die Geschichte selbstverständlich einmal aus der Art
und Weise wie der Schrifsteller Nganang als Ich-Erzähler
diese pointiert. Die "Stimme aus dem Off", wie er sie selbst
nennt, kommt mal schnoddrig daher, ohne Rücksicht auf Konvention
und gute Sitten; es ist vom "Kacken" und "Ficken"
die Rede, dann wird sie wieder seriös und präzise, aber auch
lakonisch, wenn sie sich in – durchaus begrenzten – historischen
Exkursen ergeht oder wird einschmeichelnd, wenn sie den "geneigten
Leser" anspricht. Zum anderen sind es die Figuren, die der Erzähler
zu Wort kommen lässt, die dem Roman Leben einhauchen. Sie stehen
in einem komplexen Beziehungsgeflecht zueinander. Ihr Alltag wird durch
den Krieg, genauer: durch das plötzliche Auftauchen der Tirailleure
kompliziert; zusätzliche Anfechtungen und Gefahren ergeben sich,
bestehende Interessen werden behindert, neue entstehen, werden gefördert.
Eine Frau wird vergewaltigt, eine andere wird ermordet, der Täter
wird erst ganz am Ende entlarvt. Doch nicht nur als Opfer werden die
Frauen dargestellt, starke, die Initiative ergreifende Persönlichkeiten
wissen sich durchzusetzen. Ob als Bordellbesitzerin, Ehefrau oder als
Organisatorin und Chefin des Marktes, sie spielen eine bedeutende Rolle.
Eine der schönsten Szenen des Romans ist die Beschreibung des Fischens
von Welsen, das zu einem Ritual gerät zu Ehren der neuen Marktchefin,
die lächelnd und in gebührendem Abstand das Treiben genießt. Doch
das letzte Wort – wie könnte es anders sein?! – gilt
dem Krieg. Hebga, der ehemals axtschwingende Lieblingssoldat seines
Kommandanten, trägt inzwischen statt jener archaischen Waffe, die
er ehrfurchtsvoll "de Gaulle" getauft hatte, ein erbeutetes
Gewehr. Die neue Bewaffnung passt sicher besser zu seinen Träumen,
in denen er sich wie etliche seiner Kameraden stolz in Paris einmarschieren
sieht, um sich feiern zu lassen. Möglicherweise stellt die geringe
Wahrscheinlichkeit, dass ein einfacher, zumal schwarzer Schütze
das gegenseitige Abschlachten überlebt, einen Gnadenakt dar, sonst
würde er vielleicht noch miterleben, dass die Senegalschützen
von den Siegesmärschen in Paris verschont bleiben. 12/2014 © by Janko Kozmus |
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