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Rezension: John le Carré - Der ewige Gärtner

Weiße Pest und weiße Westen

John le Carré ist es gelungen, einen unnachahmlichen Stil in seinen Spionageromanen zu entwickeln: eine Mischung aus intelligentem Politthriller und Liebesgeschichte, eingebettet in eine spannende Erzählstruktur, die mit psychologischem Feingespür ihre Protagonisten leitet. 

Der aktuelle Roman Der ewige Gärtner kündigt eine neue Richtung im Werk des Autors an. John le Carré verabschiedet sich von bloßen mit Intrigen gespickten Spionagegeschichten, um auf neue Gefahren hinzuweisen: die Bedrohung der globalisierten Welt. Nicht von politischer Ideologie wird das aktuelle Weltgeschehen fortan beherrscht, zeigt er dem Leser auf, sondern von der Macht des Kapitals und ständig wachsender Geldgier.

Ausgangspunkt des Romans ist die kenianische Hauptstadt Nairobi, in der der brutale Mord an der Frau eines britischen Diplomaten verübt wird. Sonderbarerweise lässt sich die kenianische Polizei Zeit bei der Aufklärung, die britischen Botschaftsangestellten schweigen sich aus und die übereifrigen Mitarbeiter des Scotland Yard aus London werden bald von dem Fall abgezogen. Justin Quayle, der Mann der Ermordeten, sieht keine andere Möglichkeit, als selbst mit Untersuchungen zu beginnen, soll der Mord an seiner Frau jemals aufgeklärt werden.

Tess wurde zusammen mit einem kenianischen Arzt aufgefunden, Gerüchte über eine Liaison tauchen auf. Justin stößt immer wieder auf Rassenvorurteile und Dünkel sowohl in britischen als auch in kenianischen Kreisen. Der Kolonialstil hat neue Umgangsformen angenommen, aufgeklärtem Gehabe Platz gemacht, die Wurzel jedoch blieb unangetastet, was sich deutlich in der Mentalität der Botschaftsangehörigen zeigt: Man lebe unter Wilden, da geschehen halt furchtbare Sachen.

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Justin, der - obwohl nicht frei von Eifersucht - nicht an Ehebruch glaubt, findet bald heraus, dass Tess gemeinsam mit dem fachkundigen Doktor Bluhm Nachforschungen über einen mächtigen britischen Pharmakonzern anstellte. Spuren ihrer Recherchen führen unter anderen nach Deutschland. Der Pharmakonzern im festen Glauben, die sog. Weiße Pest (TBC) zu bekämpfen, testet ein neues Mittel an Kenianern. Die Erprobungsphase dauert noch an, als Tess auf ungeklärte Todesfälle stößt. Sie versucht über die Botschaft das britische Außenministerium zu warnen, ihre Einwände werden jedoch nicht weiter gereicht. Wie Tess zuvor, steht schließlich auch Justin vor der Entscheidung zwischen der Treue zu seinem Arbeitgeber und der Wahrheit, zwischen Leben und Tod ....

Neben profunder Sachkenntnis liefert John le Carré eine sensible Beschreibung Kenias in Geschichte und Gegenwart, in der Korruption als auch Fortschritt existieren. Die Regierung bleibt in das postkoloniale Erbe verstrickt. Das positive Element hingegen wird beschrieben im couragiertem Auftreten des Dr. Bluhm, einem in jeder Hinsicht bewundernswerten Menschen. Der kenianische Arzt verkörpert die gebildete, unbestechliche Elite des Landes, die einerseits für die herrschenden Machtstrukturen eine Gefahr darstellt, sich andererseits dadurch selbst bedroht sieht.

Die Protagonisten des Romans strahlen Glaubwürdigkeit und Authentizität aus. Dass die Beschreibung der Entscheidungsstrukturen in der britischen Botschaft und im Außenministerium auf weitreichender Kenntnis beruht, überrascht den Leser nicht. Er erwartet dies vom Altmeister John le Carré. Zur Spannung der Handlung trägt es nicht unerheblich bei und stellt eine große Hilfe bei der Entlarvung des verbrecherischen Antlitzes multinationaler Konzerne dar. Man kann nur hoffen, dass dank solcher Romane ihre zynische Haltung, nach der das Leben in der Dritten Welt wenig zählt, in Zukunft der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben wird.

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Weiße Pest ...

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Bemerkenswert erscheint eine Äußerung des Autors im Nachwort: Nach intensiver Beschäftigung mit der Praxis der Pharmakonzerne komme ihm sein Roman im Vergleich zur Realität unschuldig wie eine Urlaubskarte vor.

(Originaltitel: »The Constant Gardener«)

2002 © by Ewa Bielska
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