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Rezension: → Yvonne Vera - Schmetterling in Flammen

Keine Aussicht auf Gleichberechtigung

Von Manfred Loimeier (©)

Kaum einem Autor aus Afrika - und einer Autorin noch viel weniger - ist es bisher gelungen, das gesamte literarische Werk in deutschsprachigen Verlagen unterzubringen. Die Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka aus Nigeria und Nadine Gordimer aus Südafrika zählen dazu, und bald auch der Somalier Nuruddin Farah und der Südafrikaner J.M. Coetzee - beides Anwärter für den Preis aus Stockholm.*

Nun scheint das selbe einer jungen Schriftstellerin aus Simbabwe zu gelingen, deren neuer Roman Schmetterling in Flammen soeben in deutscher Übersetzung erschien. Die gerade mal 37-jährige Yvonne Vera veröffentlichte einen Erzählband (Seelen im Exil) und vier Romane: Nehanda, Frau ohne Namen, Schmetterling in Flammen und Under the Tongue, ein Buch über eine Vergewaltigung, für das Vera den Commonwealth Literaturpreis für Afrika erhielt. Neben ihrer Autorentätigkeit leitet Vera die Nationalgalerie in Bulawayo, Simbabwes zweitgrößte Stadt im Süden des Landes, das zurzeit wegen der Landverteilungspolitik des alternden Präsidenten Robert Mugabe übel von sich reden macht.

Allerdings findet in Simbabwes Hauptstadt Harare seit Jahrzehnten die maßgeblichste internationale Buchmesse Schwarzafrikas statt, und diese hat die literarische Entwicklung einer Reihe von simbabwischen Autoren begünstigt, die teils in deutscher Sprache zu lesen sind. Shimmer Chinodya zählt dazu (bis vor kurzem war er Stipendiat in Schloss Wiepersdorf), Chenjerai Hove (er kommt zu den Internationalen Literaturtagen nach Berlin), Dambudzo Marechera - und eben auch Yvonne Vera.

Bisher schrieb Vera meistens über den Unabhängigkeitskampf oder den Bürgerkrieg in ihrer Heimat - Themen, die in Simbabwe so unumgänglich sind, wie es hier zu Lande der Zweite Weltkrieg war. Nun aber legt die Autorin, die als erste Frau aus Simbabwe im Ausland - in Kanada - promovierte, ein Buch vor, das sich deutlich von ihren übrigen Werken unterscheidet. Veras jüngster Roman Schmetterling in Flammen ist der Roman einer Liebe, allerdings - wie es der Buchtitel bereits verrät - einer gescheiterten Liebe.

Schmetterling in Flammen hat jedoch keine erkennbare Handlung - es gibt darin keine Story, die sich geradlinig entwickelt. Es geht Vera um die emotionale, die psychische Verfassung ihrer Figuren. Schlaglichtartig beleuchtet, mosaikartig setzt Vera ihre Geschichte zusammen. Aus Szenen und Skizzen, Schnappschüssen und Momentaufnahmen formt sich nach und nach das Bild einer jungen Frau, die nicht nur ihre erste Liebe erlebt, sondern auch die Hoffnung auf ein unabhängiges Leben in sich trägt.

Der Roman, der in den vierziger Jahren spielt, kann als Parabel gelesen werden. Nach dem Weltkrieg versprachen sich die Afrikaner, die an der Seite der Briten gegen Italiener und Deutsche gekämpft hatten, ein freieres, selbstbestimmteres Leben. Sie malten sich ein Ende der kolonialistischen Erniedrigung aus und erkannten zu spät, dass sie erst am Anfang einer Entwicklung standen, die - wie in der Republik Südafrika - zur Politik der Apartheid führen sollte.

Veras neuer Roman beginnt mit einer Rückblende: Am Galgen baumeln einige Leichen von so genannten Aufrührern, die sich gegen die vordringende britische Kolonialarmee zur Wehr gesetzt hatten. Der Roman schließt auch mit einem Bild des Todes, denn Phephelaphi, die weibliche Hauptfigur, überschüttet sich nach dem Ende ihrer Beziehung, nach dem hinfällig gewordenen Traum von einer Ausbildung zur Krankenschwester, nach zwei ungelegenen Schwangerschaften mit Paraffinöl und verbrennt wie ein Schmetterling in Flammen.

Dazwischen jedoch entfalten sich Bilder eines pulsierenden Lebens in einer florierenden afrikanischen Großstadt. Der kulturelle Aufbruch der Nachkriegszeit schlug sich auch in Simbabwe in Musik und Malerei, in Literatur und Fotografie nieder. Diese kreative Aufbruchstimmung bildet die Kulisse in Veras Roman, der geradezu opulent und ausladend ein neues Lebensgefühl in Afrika zum Ausdruck bringt. Für die Frauen dort, will uns das Schlussbild sagen, hat sich aber nichts daran geändert, dass ihre Hoffnungen noch unerfüllt und sie selbst am unteren Ende der Hierarchie der Unterdrückung stehen. Gleichberechtigung in Simbabwe? Damals wie heute hat sich Vera zufolge dieser Anspruch nicht erfüllt.

(Originaltitel: Butterfly Burning)

* Die Rezension wurde 2001 verfasst, für die Marabout-Seite übernommen 11/2003

Der Roman wurde im Jahre 2002 in die Liste der 100 besten afrikanischen Bücher des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

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