DIE MARABOUT-SEITE
linie

linie
linie

Chronik (1901-2019)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Tageschronik: 21. Februar 2012

 

· Die MARABOUT-SEITE zitiert aus Namibia ·  

The Namibian


"Was machen unsere Kinder auf den Straßen?"

Die promovierte Bildungsspezialistin Aune Victor, die an der Universität von Stellenbosch in Südafrika lehrt, stellt die rhetorische Frage in einem Leitartikel, in dem sie sich Gedanken um das Wohl und Wehe namibischer Kinder macht. Einleitend stellt sie fest, dass die Jahre vorbei seien, als Dr. Libertina Amathilda in ihrer Zeit als Ministerin für Gesundheit und anschließend Kommunalverwaltung und Wohnungsbau mit Zähnen und Klauen dafür kämpfte, dass keinem namibischen Kind Unterkunft, Bildung und Gesundheitsdienstleistungen verweigert wurde.
Es schmerze sie, schreibt Aune Victor weiter, wenn sie die Independence  Avenue und Post Street Mall im Zentrum von Windhoek entlangschlendere und von einer anwachsenden Zahl von Kindern im Alter zwischen 8 und 16 Jahren begrüßt werde, die während der Schulzeit um Geld und Essen bettelten.

"Was ist, wenn mein eigener Sohn hier sitzen und für sein Überleben betteln würde", sinniert sie, "während sich seine Gefährten für eine bessere Zukunft vorbereiten würden, um eines Tages verantwortliche Bürger dieses Landes zu werden. Einige dieser Kinder sehen so gefährlich und 'ungewaschen' aus, und man fragt sich, ob sie an diesem Tag schon ein Essen bekommen haben."

Es hinterlasse "so viele Fragen und doch so wenige Antworten: Woher kommen diese Kinder? Was ist mit den Kinderheimen und Unterkünften geworden, die Amathilda aufgebaut hat? Was geschah mit ihrem Vermächtnis? Was geschah mit all den Strukturen, die sie in den verschiedenen Städten in ganz
Namibia angelegt hat, um sicherzustellen, dass Straßenkinder von den Straßen ferngehalten werden und die nötige Unterstützung zur Verfügung gestellt bekommen, die sie verdienen.Was haben wir falsch gemacht?"

"Was ist mit den Programmen der Stadt Windhoek (und anderen Städten), um die Kinder von den Straßen fernzuhalten? Gibt es irgendeine Hoffnung?
Was ist passiert mit dem verfassungsmässigem Recht auf Bildung? Was machen unsere kirchlichen Organisationen (FBO) und die Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Einfach zu viele Fragen.", stellt Aune Victor resigniert fest.
Es sei offensichtlich, dass einige dieser Kinder auf der Straße nach ihren Eltern suchten, ihren Freunden, ihren Abenteuern, ihrer Bildung, ihrer Gesundheit und ihrer Liebe.

Für andere seien die Straßen von morgens bis abends ihre Arbeitsplätze geworden. Dort raubten sie Frauen und Touristen ihre Wertsachen, vermutet die Leitartiklerin. Es sei erbärmlich, diese Kinder um Geld und Nahrung betteln zu sehen.
Artikel 27 über die Rechte des Kindes besage, dass die "Vertragsstaaten das Recht eines jeden Kindes auf einen angemessenen Lebensstandard für seine körperliche, seelische, geistige, sittliche und soziale Entwicklung anerkennt." Namiba gehöre zu den Unterzeichnern der Konvention der Rechte des Kindes, stellt Aune Victor fest und fragt: "Führen wir dieses Übereinkommen durch? Verfolgen wir den Fortschritt? Was sind die Ergebnisse (falls es überhaupt welche gibt)?"

Die AIDS-Epidemie sowie Armut, elterliche Vernachlässigung und Missstände hätten unzweifelhaft einen Anstieg der Zahl der Waisen und Straßenkinder verursacht.

Diese Kinder, die auf der Straße lebten, seien den Naturelementen und zahlreichen sozialen Missständen wie Drogen, Alkoholmissbrauch und dem Missbrauch ihrer zivilen und wirtschaftlichen Rechte ausgesetzt, um nur einige zu nennen.
Ein Mangel an medizinischer Versorgung und unzureichende Lebensbedingungen, folgert Aune Victor, erhöhe die Anfälligkeit für chronische Erkrankungen wie Magen-Darm-Erkrankungen, Infektionen und sexuell übertragbare Krankheiten, einschließlich HIV-AIDS, Teenager-Schwangerschaften und Abtreibungen.
Die geistige, soziale und emotionale Entwicklung werde durch ihre ungesunden Lebensweisen beeinflusst. "Wenn wir als eine Nation prosperieren und unsere Millennium-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) und Vision 2030 erreichen wollen, müssen wir allen Kindern die gleiche Chance in Bezug auf Bildung, Sicherheit, Liebe und Fürsorge bieten."

Namibia habe ein Bildungssystem, das auf Versagen basiere; klagt Aune Victor. es enthalte Hürden, die die Kinder nehmen müssten, bevor sie weitermachen könnten.
Diejenigen, die es nicht schafften, würden bestraft und als Versager stigmatisiert. Es sei nicht überraschend, dass viele von ihnen die Straße bevorzugten; von ihren Gefährten und Gangmitgliedern würden sie nicht stigmatisiert.

"Wir als Namibier müssen", fordert Aune Victor, "mehr Aufmerksamkeit auf die Probleme der ansteigenden Zahl der Straßenkinder richten und Konzepte und Strategien entwickeln, die ihre Notlage thematisieren".

Die Bildungs- und sozialen Sicherungssysteme erforderten einen tiefen philosophischen Wechsel vom Versagen hin zu wohlwollendem Erfolg
"Als kleines Land, mit etwas mehr als 2 Millionen Einwohnern; mit all unseren Ressourcen, sollten wir keine Straßenkinder haben, die herumlungern", stellt sich Aune Victor vor.

Zahlreiche Ökonomen, einschließlich derer, die Einblick haben, hätten gezeigt, dass Namibia reich an natürlichen Ressourcen ist; deshalb "ist es für ein so kleines Land (gemessen an der Bevölkerung), das weniger Einwohner als Soweto (Johannesburg, Südafrika) unverständlich, warum wir solch eine große Zahl an Straßenkindern in vielen Städten im ganzen Land haben."

Sicherlich sollte es eine Direktion oder Vereinigung (unter dem Ministerium für Gleichstellung der Geschlechter und Wohlfahrt des Kindes) geben, wenn nicht bereits vorhanden, um speziell das Thema Straßenkinder zu behandeln.
Die Ministerien für Gleichstellung der Geschlechter und Kinderwohlfahrt sollten Strategien entwickeln (oder die schon vorhandenen überprüfen), schlägt Aune Victor weiter vor, um in Partnerschaften mit den verschiedenen Kommunen im ganzen Land zu treten, um der Herausforderung des Problems der Straßenkinder entgegenzutreten.

Die verschiedenen Unterkünfte, die während der Zeit von Amathilda entwickelt worden seien, sollten (falls sie noch existierten) überarbeitet werden, um für die erforderlichen Dienste dieser Kinder zu sorgen. Diese sollten in der Lage sein, Sicherheit, Gesundheitswesen, Beratung, Bildung, Berufsausbildung, Prozesskostenhilfe und andere soziale Dienste für die Kinder in Not, anzubieten.

"Als eine Nation, die stolz auf sich ist", beschließt Aune Victor ihren aufrüttelnden Appell, "90% gläubige Christen zu haben, haben wir die Aufgabe unsere bilbische Verantwortung 'liebe deinen Nächsten' zu erfüllen, und so sollten wir nicht auf jemanden warten, der von außen kommt, um uns zu sagen, was wir mit unseren eigenen Straßenkindern tun sollen, sondern wir sollten jetzt handeln, bevor es zu spät ist."
· (Namibian, ÜEK: R.B./J.K.)

Quelle:
The Namibian, Tageszeitung (Namibian)

Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Übersetzung aus dem Englischen: Ruth Bushart, Kommentar: Janko Kozmus ©


linie
Weitere Artikel zu  Namibia in der Afrika-Chronik:
linie
linie