"Schock als
Journalist in Maputo ermordet wurde"
→ AIM,
die offizielle Nachrichtenagentur → Mosambiks,
meldet, "einer der prominentesten Journalisten des Landes,
Carlos Cardoso, wurde am 22. November in Maputo erschossen".
Cardoso, Herausgeber des täglich erscheinenden Nachrichtenblattes
→ Metical
sei in seinem Auto überfallen und "von unbekannten
Angreifern nahe seines Büros niedergeschossen" worden.
Bis jetzt gebe es noch keine Hinweise zur Identität der
Mörder, aber die im Metical gemachten Enthüllungen
"haben Cardoso mächtige Feinde eingebracht".
Die
mosambikanische Regierung habe die Polizei angewiesen, heißt
es in der Meldung weiter, mit Interpol sowie den regionalen
Polizeikräften zusammenzuarbeiten, um alle Möglichkeiten
der Untersuchung auszuschöpfen.
Als
erste Regierungsreaktion auf den Mord habe sich Prämierminister
Pascoal Mocumbi gegenüber TVM ("Televisão de
Moçambique") "tief geschockt" gezeigt angesichts
des Mordes. Er habe Cardoso als "einen Journalisten,
der unermüdlich für die Pressefreiheit kämpfte"
gepriesen.
Im
Abgeordnetenhaus habe der Abgeordnete Luis Videira eine Erklärung
für die parlamentarische Gruppe der → Frelimo
verlesen, in der gegenüber der Familie und den Journalisten
des Landes Beileid bekundet wurde.
Sergio
Vieira, der Landwirtschaftsminister und danach Sicherheitsminister
in Samora Machels Regierung, heute als führende Stimme
des linken Flügels der Frelimo angesehen, habe Carlos
Cardoso als "eine der nobelsten Stimmen des Journalismus
von Mosambik, von unvergleichbarer Qualität" bezeichnet.
Vieira
habe an Cardosos Anprangerung der von der Weltbank diktierten
Zerstörung der Cashew-verarbeitenden Industrie erinnert.
"Er beschrieb das Elend der Arbeitslosen, die in der
Cashew-Industrie und anderen Sektoren durch den Despotismus
der Bretton Woods-Institutionen und der Arroganz ihrer Agenda
auf die Straße geworfen worden waren. In der durch Samora
symbolisierten Frelimo fand er den Rahmen seines Ideals, und
er griff häufig die Frelimo an, weil sie seiner Ansicht
nach von diesen Werten abwich", habe Vieira hinzugefügt.
ZUMSEITENANFANG
"Kränze
am Tatort"
"Am
29. November versammelten sich Hunderte von Menschen",
heißt es in dem detaillierten Bericht weiter, "um
Kränze am Tatort an der Avenida Martires im Vorort Polana
zu hinterlegen". Cardosos Witwe, Nina Berg, ihre beiden
Kinder, Ibo und Milena, die Angestellten von Metical
und viele Freunde und Gleichgesinnte seien die kurze Strecke
vom Metical-Büro zu der Stelle marschiert, wo
der Wagen überfallen worden sei und wo die Bewaffneten
Cardoso aus kürzester Entfernung niedergeschossen hätten.
"Einer nach dem anderen legte Kränze und Blumen
nieder. An der rückseitigen Wand hingen Transparente
wie Nieder mit dem Gangstertum! und Wir
lassen uns nicht einschüchtern - lasst uns vorwärts
gehen!"...
Neben
Graca Machel, der Witwe des ersten Präsidenten des Landes,
Samora Machel, seien mehrere ehemalige und gegenwärtige
Minister anwesend gewesen, u.a. die Finanzministerin Luisa
Diogo, "begleitet von ihrem Ehemann, dem prominenten
Anwalt Albano Silva, der vor einem Jahr selbst einen Anschlag
überlebte" sowie Abdul Carimo, Abgeordnetensprecher
des mosambikanischen Parlaments von 1994 bis 1999 und einer
derjenigen, die Cardosos Begräbnis organisiert und Poster
mit Cardosos Portrait und den Worten "Wir fordern Gerechtigkeit"
verteilt habe.
Um
18.40 Uhr, exakt die Zeit, in der Cardoso eine Woche zuvor
ermordet worden sei, "während der Regen zart auf
die Menge niederfiel, bat der bekannteste Schriftsteller des
Landes, Mia
Couto, um eine Schweigeminute, bevor sich die Trauernden ruhig
zerstreuten".
"Präsident
erweist Hommage"
Am
24. Nov. habe Präsident Joaquim Chissano Carlos Cardoso
eine warmherzige Hommage erwiesen:
"Wir
waren es gewohnt, mit Cardoso zu diskutieren. Wir stritten
mit ihm, weil er auf relevante Probleme hinwies, die unser
aller Aufmerksamkeit bedurften. Er zwang uns alle, nachzudenken.
Wir wollen freie Massenmedien", habe Präsident Chissano
betont, "und Carlos Cardoso äußerte oft seinen
Zweifel, dass wir Erfolg damit hatten, in unserem Land eine
freie Presse zu errichten".
Bei
der Begräbniszeremonie seien die vier wichtigsten Persönlichkeiten
des Landes zugegen gewesen: Präsident Chissano, der Premierminister
Pascoal Mocumbi, der Parlamentsvorsitzende Eduardo Mulembue
und der Präsident des Obersten Gerichtes Mario Mangaze.
ZUMSEITENANFANG
"→
Mia
Couto
fordert Taten der Regierung"
"Sie
müssen diejenigen finden und bestrafen, die mordeten
und - vor allen Dingen - diejenigen, die den Befehl zum Töten
gaben", wird Mia Couto, einer der herausragendsten Schriftsteller
des Landes, zitiert. Er habe dies von den "ehrenhaften
und patriotischen Menschen in Mosambiks Regierung" verlangt.
Couto
sei von Cardosos Familie gebeten worden, in ihrem Namen die
Hauptrede zu halten.
"Sie
haben nicht nur einen mosambikanischen Journalisten getötet,
ein guter Mensch wurde ermordet, ein Mensch, der seine Familie
und sein Land liebte, und der für andere kämpfte,
die ärmer waren als er", habe Couto begonnen und
sich der großen Bewunderung erinnert, die Cardoso für
Samora Machel, den ersten Präsidenten des Landes emfpunden
habe und an das von beiden geteilte Streben nach einer Utopie,
"wir erträumten, unsere eigene Herren zu sein, ohne
von der Welt Krümel für unser Überleben erbetteln
zu müssen".
"Wir
haben nun das Gefühl, dass wir von Wildheit umlauert
werden, von der Abwesenheit von Skrupeln derjeniger, die sich
selbst bereichern auf Kosten von allem und jeden, von solchen,
die Vermögen anhäufen durch Drogenhandel, Diebstahl,
Geldwäsche und Waffenhandel. Und sie tun das häufig
unter den passiven Blicken von solchen, die die Ordnung gewährleisten
und Rohheit bestrafen sollten".
"Was
für ein Land wollen wir unseren Kindern überlassen?"
habe Mia Couto ausgerufen. "Ein Land, das nicht lebensfähig
ist, eine Nation in Frieden, in welcher es von Wert ist, gerecht
und ehrenhaft zu sein. Denn wenn wir diese andere Nation haben
wollen, dann hat sich etwas zu verändern. Und radikal
zu verändern."
Dieser
Tod stelle die Regierenden des Landes auf die Probe, wird
er weiter zitiert. "Sie sind diejenigen, die mit Taten
antworten müssen, die nicht nur dieses Verbrechen untersuchen
müssen, sondern auch die anderen, die noch ungestraft
geblieben sind. Und sie müssen die Untersuchung in derselben
aufrechten Art durchführen, wie Cardoso sein Schreiben
recherchierte."
ZUMSEITENANFANG
"Dhlakama
beschuldigt Frelimo"
"Der
Führer der → Renamo
Afonso Dhlakama lastete die Schuld für die Ermordung
Präsident Joaquim Chissano und der Frelimo an."
Er habe, erläutert der Bericht, den Tod von Cardoso mit
den Demonstrationen vom 9. November verknüpft, die von
der Renamo organisiert worden seien und die zu Zusammenstößen
geführt hätten, bei denen über 40 Menschen
gestorben seien. "In meinen Augen wurde Cardoso getötet,
weil er nach den Demonstrationen klar sagte, dass er die Frelimo
und Chissano verantwortlich für das Massaker bei den
Demonstrationen hielt", habe Dhlakama behauptet.
Beim
Begräbnis sei die Renamo durch einige amtsälteste
Mitglieder ihrer Parlamentsgruppe repräsentiert worden.
"Metical
verspricht weiterzumachen"
Carlos
Cardoso Kollegen von der Tageszeitung Metical versprachen,
dass sie nicht verstummen, sondern weitermachen würden.
In
einer Extraausgabe der Zeitung vom 23. November hieß
es "die Mörder, die ihn hinterhältig überfielen,
wollten ihn mundtot machen und indirekt auch alle, die auf
denselben Barrikaden der Freiheit, der Anständigkeit,
der Ehre und des Dienstes an der Öffentlichkeit kämpften.
Aber sie werden dieses Ziel nicht erreichen".
"Sie
haben einen ehrenhaften und couragierten Menschen, aber nicht
Metical verstummen lassen und nicht all die anderen
Stimmen einer Gesellschaft, die ein anständiges Land
will, in dem Menschen in Frieden und Wohlstand leben möchten."
Zum
Abschluss der Berichterstattung um den Tod des Journalisten
Carlos Cardoso, steht die Meldung von einem zweiten Überfall
in derselben Nacht:
"Journalist
von Radio Mozambique attackiert"
In
derselben Nacht, in der Carlos Cardoso ermordet wurde, sei
ein zweiter Journalist, Custodio Rafael von Radio Mozambique,
von unbekannten Angreifern attackiert worden. Laut hier zitierter
Radiomeldung griffen drei Männer Rafael an, als er nach
Hause ging. Er habe sich daran erinnert, von drei Männern
umringt worden zu sein, einer habe erklärt: "Du
redest zu viel!".
Er
sei auf den Kopf geschlagen worden, zu Boden gefallen und
habe das Bewusstsein verloren. "Er erinnert sich an nichts
sonst, aber es scheint, als hätten die Angreifer versucht,
ihn zu verstümmeln und vielleicht gar seine Zunge herauszuschneiden."
·
(AIM,
Mosambik, ,
ÜEK:
J.K.) |