"Bittere
Schlacht um die Burqa bricht zwischen Autorinnen aus",
überschreibt
Bongani Madondo seinen Artikel für die südafrikanische
Sunday Times und spricht von "verschleierten Beschuldigungen",
die zwischen den Frauen beim Schriftsteller-Workshop in Durban
im Streit um das Verständnis des Islam hin und herflogen.
Bei
einer Schriftstellerkonferenz in Durban habe eine Schlacht
um die Burqa, den moslemischen Schleier, zwei preisgekrönte
Autorinnen in dem Maße verärgert, dass eine von
ihnen wutentbrannt hinausgestürmt sei.
"Der
hässliche öffentliche Wortwechsel", heißt
es in dem Artikel weiter, "zwischen der ägyptischen Feminismus-Autorin
→
Nawal
El Saadawi und der südafrikanischen Schriftstellerin
→ Rayda
Jacobs - beide Teilnehmerinnen des Internationalen Literaturfestivals
in Durban - endete damit, dass Jacobs den Raum verließ."
Die
Auseinandersetzung sei angeheizt worden, als aus dem Publikum
die Frage gestellt worden sei, ob moslemische Frauen den Schleier
freiwillig trügen oder nicht.
Saadawi,
eine gestandene Kritikerin der islamischen Doktrin und Siba
Shakib, eine Dokumentarfilmerin, heißt es in dem Bericht,
argumentierten lautstark, "dass Frauen im Islam keinerlei
Freiheit haben".
Jacobs
habe entgegnet, ihre Ansicht sei beschränkt und uninformiert.
"In
diesem Land", wird Jacobs zitiert, " haben die Frauen die
Wahl, den Schleier zu tragen oder nicht, sogar die das Gesicht
bedeckende Burqa, es steht alles in der Wahl der Frau. Vielleicht
gibt es in ihren Ländern keine Freiheit für moslemische
Frauen, hier schon."
Shakib
habe gekontert, Frauen, die den Schleier trügen, hätten
überhaupt keine Wahl. "Auf jeden Fall, welche Art von
Frau entscheidet sich dafür, in einem heißen Zelt
wie dem zu leben?"
Als
Jacobs erwidert habe, dass die Erfahrungen der beiden Frauen
"nicht notwendigerweise von allen moslemischen Frauen" geteilt
würden, habe Saadawi sie der Ignoranz beschuldigt, da,
wie sie sagte, nirgendwo im Koran stünde, Frauen sollten
einen Schleier tragen.
Erbost
habe Jacobs auf Kapitel 24, Vers 31 des Korans verwiesen,
welches, wie sie sagte, die Frau verpflichte, einen Schleier
zu tragen.
Saadawi
ihrerseits habe Jacobs scharf angegriffen und ihr entgegengehalten,
sie könne kein Verständnis für den Koran haben,
da sie nicht arabisch spreche.
"Ich
war sehr enttäuscht und verletzt", zitiert Bongani Madondo
Rayda Jacobs, "Ich fühlte einen Schmerz im Herzen, besonders
als klar wurde, dass ich heruntergemacht wurde. Ich ging hinaus.
Es war sehr hässlich. Mein Herz schlug sehr stark und
schnell lehnte ich mich draußen gegen ein Geländer."
Saadawi
verließ Durban am vergangenen Sonntag, heißt es
in dem Artikel weiter. Als die Sunday Times telefonischen
Kontakt aufgenommen habe, habe sie sich, was den Zwischenfall
anging, abweisend gezeigt: "Sorry, Ich möchte nicht meine
Energie vergeuden. Wir verschwenden Zeit mit Haarspaltereien
über Religion. Warum können wir uns nicht wichtigerer
Dinge annehmen, wie den Geschehnissen im →
Irak? Religion ist eine
sehr private Angelegenheit. Jedermann hat seine Götter
und Göttinnen, und das ist in Ordnung. Warum verschwenden
wir Zeit damit. Menschen werden getötet, alle im Namen
der Religion. Religion wird benutzt von Neoliberalen um die
Weltaufmerksamkeit von dringenden Problemen abzulenken, solchen
wie die Ökonomie. Öl im Nahen Osten, das ist der
Punkt, nicht Religion. Was immer jemand über den Schleier
sagt, ich bin nicht interessiert, danke schön."
In
der Folge geht die Sunday Times etwas näher auf
die beiden Autorinnen ein, zunächst auf die Ägypterin.
Mehr als 30 Bücher habe Saadawi verfasst, darunter der
eindringliche Roman Point Zero (dt: Ich spucke auf
euch) und das bahnbrechende Sachbuch The Hidden Face
of Eve (dt: Tschador - Frauen im Islam).
Für
ihre Freimütigkeit habe die Medizinerin Saadawi viele
Schikanen erdulden müssen, einschließlich Todesdrohungen
von religiösen Fundamentalisten, Entlassungen aus verschiedenen
medizinischen Stellungen sowie eine Gefängnisstrafe unter
dem früheren ägyptischen Präsidenten Anwar
As Sadat.
Jacobs
erster Roman, Eyes of the Sky (dt:
→ Augen
des Himmels),
sei mit dem Herman Charles Bosman Preis für engl.
Belletristik ausgezeichnet worden. Ihr letzter Roman Confessions
of a Gambler habe den Sunday Times Literary Award for
Fiction sowie den Herman Charles Bosman Preis gewonnen.
Während
Saadawis Bücher auf dem Index gelandet seien, fährt
Bongani Madondo kritisch fort, "und sie ihre Zeit im Gefängnis
verbracht hat, ist Jacobs als unbeschwerte moslemische Autorin
in der Literaturszene aufgetaucht, die Stereotypen hinterfragt."
Auf
dem Cover ihres berühmtesten Buches Confessions of
a Gambler werde die Protagonistin in einer subversiv-unanständigen
Pose gezeigt: Einen schwarzen Schleier tragend, ihr Kopf in
ein purpurnes Kopftuch gehüllt, mit einer brennenden
Zigarette zwischen den Fingern.
"Ich
gehe an die Grenzen", wird Rayda Jacobs in bezug auf ihre
Arbeit zitiert.
Eine
der Autorinnen, die ebenfalls beim Workshop anwesend war,
habe sich zu dem Disput zwischen den beiden Autorinnen folgendermaßen
geäußert: "Fatal vom Thema abgewichen, in eine
engstirnige emotionale Zänkerei gerutscht. Die Gelegenheit,
über so viele bedeutende Themen zu reden, ist nicht wahrgenommen
worden." Es sei im "relativ freien" → Südafrika
unpassend ein Gesetz aufzustellen "über etwas, was eine
persönliche Wahl sein sollte, ein Kopftuch zu tragen
oder nicht!"
Abschließend
lässt der Verfasser des Artikels noch Peter Rorvik, den
Direktor des KwaZulu-Natal-Zentrums für Gestaltende Künste,
in dem das Festival stattfand, zu Wort kommen: Ungeachtet
dessen, dass die Disskussion beim Workshop erhitzt und explosiv
gewesen sei, war sie doch Teil der energischen, vitalen Debatte,
zu der das Festival zwischen den Autoren sowie zwischen den
Autoren und dem Publikum angeregt habe: "Stimmt, Saadawi und
Jacobs Diskussion kippte. Was vor sich ging, bevor Jacobs
den Raum verließ, war einer großen Debatte wert.
Es ist bedauerlich, dass sie hinausging."
(SundayTimes SA, ÜEK:
J.K.)
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