"Achebe
ohrfeigt Nigeria"
In
einem Artikel von Sufuyan Ojeifo und Doris Okenwa berichtet
der englischspr. Vanguard von → Chinua Achebes
Ablehnung des nigerianischen National Award of Commander of
the Federal Republic (Nationalpreis [der Ernennung zum] Kommandeur
der Bundesrepublik, kurz: CFR).
Die
Bundesregierung habe gestern, so schreiben die beiden Autoren,
ihr Bedauern über die Ablehnung des Nationalpreises ausgedrückt;
die Ablehnung sei ein Schlag in das Gesicht des nigerianischen
Volkes, nicht in das Gesicht der Regierung von Präsident
Olusegun Obasanjo. Die Regierung werde jedoch über dieser
Ablehnung ihren Schlaf nicht verlieren, habe aber gleichzeitig
beschlossen, "Prof. Achebe zu einem Dialog einzuladen
... weil dieser die Ablehnung mit der schleichenden Krise
in seiner Heimat, dem Bundesstaat Anambra sowie dem allgemeinen
Stand der Dinge in dem Land begründet habe."
Die
von Fani-Kayode unterzeichnete, offizielle Stellungnahme der
Regierung habe den Titel: "Unsere Antwort zu Prof. Chinua
Achebes Ablehnung des Nationalpreises", heißt es weiter
in der Tageszeitung, die zitiert: "Obgleich ich betonen muss,
dass wir Prof. Chinua Achebes Brief bis jetzt nicht erhalten
haben, habe ich gestern (Dienstag) den Inhalt mit dem Präsidenten
diskutiert, unsere Position ist wie folgt:
Da
Prof. Achebe den Inhalt des Briefes durch öffentliche
Stellungnahmen im BBC und anderen ausländischen Medien
bestätigt hat, können wir getrost davon ausgehen,
dass der Inhalt des Briefes seine Position genau wiedergibt
und können deshalb darauf antworten."
Im
Folgenden wird das Zitat der Ohrfeige ins Gesicht des Volkes
wiederholt und darauf verwiesen, dass Achebe sich nicht bewusst
sein könne, was innerhalb des Landes positiv verändert
worden sei, weil er "schlicht nicht hier gewesen ist".
Es
bestünde kein Zweifel, heißt es in der Stellungnahme
weiter, im Lande herrsche eine schwierige Situation, aber
eine "sensible Regierung wird von einem sensiblen Präsidenten
geführt", der "alles in seiner Macht stehende"
tun werde, um "das Los des nigerianischen Volkes zu verbessern
und die Nation auf den Weg der ökonomischen Genesung
zu bringen".
Es
sei "überflüssig zu sagen, dass wir mit Achebes
Sicht der heutigen Lage in → Nigeria
nicht übereinstimmen", fährt der Bericht fort:
"Unsere
Türen sind für ihn geöffnet und werden auch
in Zukunft geöffnet sein, da wir tiefsten Respekt und
Bewunderung für ihn hegen." Trotzdem sei es angebracht,
festzustellen, "dass gleichgültig, was für
eine rühmliche und einfallsreiche Person und was für
ein brillantes und begabtes Individuum Sie sein mögen,
wenn sie glauben, dass ihr Land es nicht verdiene, Sie zu
ehren, dann, so glauben wir, verdienen sie sicherlich nicht
ihr Land".
(...)
Während
einer Pressekonferenz habe Fani-Kayode gesagt, die Achebe
verliehene Ehrung würde von der Regierung nicht zurückgenommen,
"wenn er ihn möchte, er ist für ihn da, jederzeit,
wenn er seine Meinung ändert, ist der Preis für
ihn da".
In
der Folge kommt der Bericht auf die Situation im Bundesstaat
Anambra zu sprechen, indem er Fani-Kayodes Aussage zitiert,
derzufolge Präsident Obasanjo nicht in die Krise der
Demokratischen Partei Anambras (PDP) involviert war. Anschließend
spricht Fani-Kayode "die Natur des Anambra-Problems"
an. Dieser Teil wird von der Tageszeitung ausführlich
und wörtlich zitiert, hier die wichtigsten Details:
Viele
Mitglieder der Regierung kommen aus dem Bundesstaat Anambra
und hätte die Regierung irgend etwas gegen das Volk von
Anambra, dann säßen nicht mehrere aus Anambra stammende
Mitglieder der Regierung in Schlüsselstellungen. In Wahrheit
handele es sich um ein Problem von zwei Faktionen innerhalb
der PDP; dem einen Teil gehöre die Regierung, dem anderen
einzelne führende Mitglieder an.
Beide
Faktionen hätten trotz der Anstrengungen des Präsidenten
den Dialog verweigert, gingen stattdessen vor Gericht. Mischte
die Regierung sich in die Angelegenheit ein, würde der
Vorwurf der Parteinahme laut werden. Im Namen des Präsidenten
versichert Fani-Kayode, dass seitens der Regierung kein Interesse
an einer Teilung bestünde. (...)
Der
folgende [offene v. 15.10.04, J.K.] Brief Achebes an den Präsidenten
wird hier ungekürzt zitiert: "Ich schreibe diesen Brief
schweren Herzens. Für geraume Zeit habe ich die Ereignisse
in Nigeria mit Unruhe und Unbehagen beobachtet. Insbesondere
habe ich das Chaos in meinem eigenen Bundesstaat Anambra beobachtet,
wo eine kleine Clique von Überläufern, die offen
mit ihren Verbindungen nach oben prahlt, entschlossen scheint,
mein Heimatland in ein bankrottes und gesetzloses Lehen zu
verwandeln. Ich bin entsetzt über die Unverfrorenheit
dieser Clique und dem Schweigen, wenn nicht gar der schweigsamen
Duldung, der Präsidentschaft.
Vor
dreiundvierzig Jahren, am ersten Jahrestag von Nigerias Unabhängigkeit,
erhielt ich die erste nigerianische nationale Ehrung für
Literatur. 1979 erhielt ich zwei weitere Ehrungen - Nigerian
National Order of Merit und Order of the Federal Republic
- und 1999 den ersten Nationalpreis für Kreativität.
Ich
akzeptierte all diese Ehrungen im vollen Bewusstsein, dass
Nigeria nicht perfekt war, aber ich hatte einen festen Glauben
daran, dass wir unter Führern, die die Einheit der verschiedenen
Völker anstrebten, unseren Unzulänglichkeiten entwachsen
würden.
Nigerias
heutiger Zustand unter ihrer Aufsicht ist jedoch zu gefährlich,
als dass man schweigen könnte. Ich muss meine Enttäuschung
konstatieren und protestiere, indem ich die hohe Ehre ablehne,
in die Ehrenliste von 2004 aufgenommen zu werden."
Der
Artikel schließt mit Hinweisen auf die große Bedeutung
Achebes als afrikanischer Schriftsteller und auf ein Interview,
das dieser am Montag der BBC gegeben habe, in dem er sagte,
nichts habe sich unter Obasanjos Amtsführung geändert,
was ihn überzeugt hätte, den Preis anzunehmen oder
an der üblichen Feier zur Übergabe teilzunehmen.
(Vanguard, ÜEK:
J.K.
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