"Zum
Tod des gambischen Arztes und Schriftstellers Lenrie Peters",
Verschiedene
gambische Zeitungen und Online-Portale mit Blickpunkt →
Gambia
berichten vom Tod des pensionierten Chirurgen und Schriftstellers
Lenrie Peters, der am 27.05.2009, in den frühen Mittwochstunden
im Dentec Hospital in Dakar, → Senegal,
verstorben ist. Todesursache war Herzversagen.
Die
gambische Zeitung Daily Observer gibt an, dass die
Schwester des Verstorbenen, Bijou Peters, den Tod ihres Bruders
bestätigt habe. Er sei zunächst für eine Woche
in die Westfield Clinik eingeliefert worden, bevor er in die
Intensivstation des Royal Victoria Teaching Hospitals und
schließlich ins Dentec Hospital verlegt worden sei.
Der
mit Musa Ndow gezeichnete Artikel bezeichnet den Verstorbenen
als "Philantrop", er sei ein "bekannter Chirurg",
gewesen, der seine berufliche Ausbildung und Spezialisierung
zum Chirurgen in England absolviert habe. Auf den Schriftsteller
Lenrie Peters geht der Bericht nicht ein.
Auch
die Online-Seiten gehen vornehmlich auf die ärztliche
Tätigkeit des "großen gambischen Chirurgen
und Poeten" (Senegambia News am 28.05.09) ein, der gemeinsam
mit Dr. Palmer Jahrzehnte lang in ihrer (Westfield-)Klinik
gearbeitet habe.
In
den Jahren 1995 und 1996 habe er die Funktion eines Jurors
für den Commonwealth Prize for Fiction bzw. Commonwealth
Writers Prize wahrgenommen. "Sein Tod ist ein großer
Verlust für Gambia, Afrika und die gesamte Welt",
wird ein gambischer Schriftsteller zitiert, der anonym bleiben
wolle.
Das
in den USA ansässige Online-Nachrichtenportal The
Gambia Echo, das in keinem Zusammenhang zur historischen
gambischen Zeitung gleichen Namens steht, geht am 1.06.09
in seinem Nachruf u.a. auf die literarischen Veröffentlichungen
des Verstorbenen ein. In den 1960er und 70er Jahren habe der
Panafrikanist drei Gedichtbände (Poems, 1964;
Satellites 1967; Katchikali 1971) und einen
Roman (The Second Round, 1965) veröffentlicht.
Auch der familiäre Hintergrund wird eingehend beleuchtet:
Am 1. September 1932 sei Lenrie Peters in eine privilegierte
Familie hineingeboren worden. Sein Vater, Lenrie Peters senior,
habe Griechisch und Latein am Fourah Bay College der University
of →
Sierra
Leone
studiert. Er habe in einer Import-Export-Firma gearbeitet
und die Wochenzeitung The Gambia Echo herausgegeben.
Peters' Mutter, Kezia Peters, sei in England aufgewachsen.
Beide Eltern seien Anglikaner gewesen und von Sierra Leone
nach Gambia emigriert, wo sie sich kennengelernt und geheiratet
hätten. Die Familie habe als eine der geachtesten in
Gambia gegolten. Bijou, eine der vier Schwestern des Verstorbenen
sei Krankenschwester und Journalistin geworden, Florence Mahoney
eine anerkannte Historikerin, Ruby habe vor ihrer Pensionierung
als Verwaltungsbeamtin bei den Vereinten Nationen gearbeitet
und Alaba sei vor ihrem Tod prominent in der Filmindustrie
tätig gewesen.
"Die Familie Peters hat die intellektuellen Interessen
ihres Sohnes gefördert." Peters habe die St. Mary's
Primary School und die Methodist Boys' High School in Bathurst
(heute: Banjul) besucht. 1949 sei er einem zweijährigen
Wissenschaftsprogramm der Prince of Wales School in
Freetown, Sierra Leone, beigetreten.
1953
sei Peters nach England gezogen, wo er 1955 am Cambridger
Trinity College mit Auszeichnung graduiert habe. Auf
die Frage, warum er Arzt geworden sei, habe er in einem Interview
geantwortet: "Seltsam genug, als ich jung war, waren
nur zwei Professionen akzeptabel. Die eine war Medizin, die
zweite Recht. Die Leute meinten, ich würde Arzt werden
und ich erbte sozusagen dieses Konzept."
1969
beendete Lenrie Peters seine Arztausbildung und war als Chirurg
am Northampton General Hospital tätig.
In
seinen Englandjahren habe Peters freiberuflich für die
Sender BBC (World Service) und African Service
gearbeitet und zudem in Amateur-Musicals und -Operas gesungen.
Dabei habe er seine spätere englische Frau Rosmary getroffen.
Nach zwei Jahren Ehe sei diese in den Spätsechzigern
geschieden worden.
Schon
während der Studienzeit in Cambridge habe Peters mit
dem Schreiben begonnen, zunächst Gedichte und Stücke,
dann den Roman The Second Round, der 1965 veröffentlicht
wurde. Das Buch sei ein halb-autobiografischer Roman über
einen Arzt, der nach Studium und der Tätigkeit als praktizierender
Arzt in England nach Freetown, Sierra Leone, zurückkehrt.
Da er sich inzwischen genau so wie Afrika verändert hatte,
fühlte er sich seiner heimatlicher Kultur und der afrikanischen
Gesellschaft entfremdet.
Die
Reaktionen zum Roman The Second Round seien gemischt
gewesen und der Roman sei, zumindest was die afrikansichen
Leser anging, nicht beachtet worden. "Anders als vieles
der afrikanischen Belletristik der 1960er war The Second
Round weder auf die afrikanische Kultur und Tradition
fokussiert noch ein gegen den Kolonialismus gerichteter Protest.
Tatsächlich war Peters einer der ersten afrikanischen
Romanciers, der sein eigenes Land und den Zerfall seiner Kultur
kritisierte."
Kritiker
des Buches lasteten ihm an, dass es Individuen anstelle der
afrikanischen Gesellschaft in den Mittelpunkt stellte und
dass es eine poetische Sprache benutzte, um die Emotionen
seiner Charaktere zu vermitteln. "Insbesondere schien
Peters Mann-Frau Beziehungen in einem westlichen Kontext zu
portraitieren und einige Kritiker behaupteten, dass sie weitaus
britischer klangen als afrikanisch. In seinem Buch The
Emergence of African Fiction (Das Entstehen der afrikanischen
Belletristik) habe Charles R. Larsen - nachdem er allgemein
auf die Situation des schwarzen Künstlers eingegangen
sei - geschrieben, dass "Peters einfach nur die erste
afrikanische Horrorgeschichte geschrieben hat, den ersten
afrikanischen Schauerroman."
1964
war Peters erste Gedichtsammlung in Ibadan, →
Nigeria,
veröffentlicht worden. Den Gedichten von jugendlicher
Liebe und Melancholie habe es noch an der Ironie und der Wut
des späteren Werks gemangelt. "Nichtsdestrotz drückten
sie den Kummer, die Einsamkeit und die Hoffnungslosigkeit
exilierter Afrikaner aus, die sowohl der traditionell-afrikansichen
wie auch der westlichen Kultur entfremdet waren."
Vier
Jahre nachdem die britische Kolonialherrschaft 1965 in Gambia
beendet war, sei Peters in die gambische Hauptstadt Banjul
zurückgekehrt, wo er als Regierungsangestellter im Bansang
Hospital als Chirurg tätig war. 1972 habe er gemeinsam
mit Dr. Palmer die Westfield Klinik in Kanifing, die erste
Privatklinik des Landes, eröffnet.
In
der Folge geht The Gambia Echo ausführlich auf
die weiteren Gedichtbände des Verstorbenen ein, bevor
es zu Peters Biografie zurückkehrt.
In
den Jahren 1981 bis 1999 habe Peters als Leiter einer Landwirtschafts-
und Exportfirma gearbeitet, die u.a. Gemüse und Mangos
ins Vereinigte Königreich exportierte. Nachdem 1994 Yahya
Jammeh mit einem Militärcoup die Macht in Gambia übernommen
hatte, setzte er Peters als Vorsitzenden des National Consultive
Committee (NCC) ein, von dem sich Jammeh das Eintreten
für eine vierjährige Übergangszeit bis zur Errichtung
der konstitutionellen Demokratie erhoffte. Im Januar 1995,
weniger als zwei Monate nach seiner Bildung, habe der NCC
seinen Bericht eingereicht. Entgegen Jammehs Hoffnungen habe
der NCC eine zivile Übergangsregierung mit in zwei Jahren
abzuhaltenden Wahlen gefordert.
Vom
Africa News Service gefragt, wie er der Gesellschaft
in Erinnerung bleiben wolle, habe Peters geantwortet: "Wenn
sie sich überhaupt an mich erinnern wird, ich habe doch
nur das Beste versucht, um dem gambischen Volk zu helfen und
die Welt als einen besseren Ort zu verlassen, als ich ihn
vorgefunden habe." .
·
(Daily
Observer, Gambia, www.senegambianews.com, www.thegambiaecho.com,
ÜEK:
J.K.)
Quelle:
Daily
Observer, englischspr. Tageszeitung, Gambia (Daily
Observer, Gambia)
www.senegambianews.com,
www.thegambiaecho.com,
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜEK:
J.K. --> Aus dem Englischen übersetzt und kommentiert:
Janko Kozmus ©
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