DIE MARABOUT-SEITE
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Chronik (1901–2020)

Zur Sozial- und Literaturgeschichte Afrikas * von innen und außen 

Jahreschroniken: 1992

Stand: 14.04.18

 

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8. Juni
1992
  In Ägypten wird der Schriftsteller, Kolumnist und Menschenrechtsaktivist Farag Foda von zwei islamischen Fundamentalisten erschossen.
Bei dem Anschlag werden Passanten und auch Fodas Sohn schwer verletzt.
Der Autor islamkritischer Werke hatte auch in zahlreichen Zeitungsartikeln auf Schwachpunkte innerhalb der islamischen Lehre, besonders in ihrer aktuellen Auslegung, hingewiesen. Er war bereits vor der Ermordung zum Apostaten (Abtrünnigen) und zum Feind des Isalm erklärt worden.
 
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30. Juni
1992
Mongo Beti, kamerunischer Schriftsteller frz. Sprache, wird 60 Jahre alt.
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31. Juli
1992
"Ägypten ohne Märchen"
Unter diesem Titel schreibt der marokkanische Autor  Tahar Ben Jelloun in der frz. Tageszeitung Le Monde über seinen ägyptischen Kollegen Sonallah Ibrahim anlässlich der Übersetzung seines ersten Romans Cette odeur-là (Jener bestimmte Geruch) ins Französische:
"Lange Zeit inhaftiert, zensiert, verboten schrieb Sonallah Ibrahim eine Literatur, die sich gegen die traditionelle Emphase der arabischen Rhetorik' richtete. Vielleicht hätte Sonallah Ibrahim nicht geschrieben, wenigstens nicht in solch entblößender Weise, wäre er nicht von Nasser in den Jahren 1959 bis 1964 ins Gefängnis gesteckt worden", mutmaßt Ben Jelloun. Man müsse sich von jenen Ansichten des intellektuellen arabischen Bevölkerungsteils verabschieden, die glauben ließen, der Marxismus würde den Armen und Entrechteten Gerechtigkeit bringen, schreibt Ben Jelloun weiter. "Sonallah Ibrahim hat sich eingesetzt, er hat Risiken in Kauf genommen und einen hohen Preis für seine Ideale bezahlt." (...)
· (Le Monde, ÜFK: J.K.)
Der Roman - Originaltitel: Tilka l-rā'iha - erschien in  Ägypten erstmalig 1966 und wurde sofort nach seinem Erscheinen verboten und konnte erst wieder 20 Jahre später erscheinen.
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2. September
Der palästinensiche Schriftsteller Ahmed Qatamish wird zum wiederholten Mal von den israelischen Behörden aus politischen Gründen inhaftiert.
In so genannter Verwaltungshaft, die eine Verlängerung der Haft ohne Anklage und Gerichtsverfahren ermöglicht, wird seine Haft, durch jeweilige Verlängerung von sechs Monaten auf fünfeinhalb Jahre ausgedehnt werden. - Vgl. ausführlichen Bericht in der
 Tageschronik v. 28.4.2011 nach einem Bericht der der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA.
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18. Oktober
1992
Kofi Awoonor nennt sich in einer autobiographischen Skizze einen 'glühenden afrikanischen Nationalisten',
heißt es in der tageszeitung. "Sein Background - geboren in einem kleinen Dorf in
Ghana, die Mutter Analphabetin, der Vater Schneider - sei typisch und gehöre 'zu Afrika wie Dürren, Mißernten, Heuschrecken, dumme Stammeskriege, der IWF und die Schulden, die auf dem ganzen Kontinent lasten' ...Missionsschule ... britisches College, studiert Literatur an der Universität von Accra ... Als Nkrumah 1966 stürzt, geht Kofi Awoonor  nach London und von dort in die USA ... Als er 1975 nach Ghana zurückkehrt, wird er, dem Regime unliebsam, verhaftet und zehn Monate in Einzelhaft gehalten. Das 'Sklavenhaus in Usher', von Holländern im 17.Jahrhundert gebaut, ist das Gefängnis, in dem er seinen Überlebenswillen immer wieder betont: 'meinen Tod zu verschieben bis/ zum Morgen nach der Freiheit'. Nach seiner Freilassung nimmt er eine Literaturprofessur in Accra an. Ende der achtziger Jahre ist er Botschafter Ghanas in Kuba. 1991 .. bei den Vereinten Nationen in New York." · (Joachim Satorius, taz)
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zeit
los
Afrikanische und arabische Sprüche und Weisheiten:

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November
1992
Raquel del Pozo Epita, die unter dem Pseudonym Raquel Ilonbé (auch: Raquel Ilombe) veröffentlichte, stirbt in ihrem Haus in Madrid.
Zeitlebens war die Autorin und Dichterin zwischen dem zentralafrikanischen Bata und Madrid hin- und hergerissen, was sich auch deutlich in ihrem lyrischem Werk niederschlug. Sie reiste immer wieder nach Äquatorialguinea und veröffentlichte neben dem Gedichtband Ceiba mit den Leyendas guineanas ([Äquatorial-]Guineische Legenden) das erste Kinderbuch des Landes. Es enhält acht Legenden der Völker Fang, Bubi und Ndowe, die die Autorin im Lande selbst gesammelt und dadurch vor dem Verschwinden gerettet hat. - Vgl. Preámbulo (Vorwort) v. Benita Sampedro Vizcaya S. 15 ff., in: Ceiba II (Poesía inédita [Unveröffentlichte Gedichte]) Hgg. von Benita Sampedro Vizcaya u. Baltasar Fra Molinero. Madrid 2014.
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17. November
1992
Die madagassische Dichterin Esther Nirina Rabemananjara wird 60 Jahre alt.
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11. Dezember

Zwei Frauen
am Meer

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"'Tausendundeine Nacht' der Alpträume"
überschreibt  Tahar Ben Jelloun seinen Bericht in der frz. Tageszeitung Le Monde über einen Roman von Hanan al-Shaykh, der die Tabus einer Gesellschaft, "in der die Modernisierung die Traditionen intakt beließ", übertritt. Ein Mann vom Golf betritt eine Bibliothek in London und fragt nach "dem" Buch von Hanan al-Shaykh. "Welches", fragt der Biblothekar. "Das, in dem es die Liebesgeschichten zwischen Frauen gibt." Seit Hanan al-Shaykh, die libanesische Schriftstellerin, die in England lebt, Femmes de sable et de myrrhe (arab. Original: al-baḥr al-lāmubālīte; dt: Zwei Frauen am Meer; Übersetzung: Hartmut Fähndrich. Hamburg 2002) veröffentlicht habe, seien die Gerüchte nicht verstummt. Sie haben sich zu einem Skandal geweitet und das Buch auf den Index gebracht. (...)
· (Le Monde, ÜFK: J.K.)
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9. Dezember
In seiner Geburtstadt Kairo stirbt der ägyptische Schriftsteller Yahya Hakki (auch: Haqqi), dessen Familie aus der Türkei eingewandert war.
Hakki gilt als Begründer der arabischen Kurzgeschichte sowie des arabischen Romans. Seine erste Kurzgeschichte erschien 1925; sie blieb seine bevorzugte Ausdrucksform. Größere Bekanntheit erreichte er mit seiner 1944 veröffentlichten Erzählung Qindil Umm Haschim, (dt: Die Öllampe der Umm Haschim. Berlin 1981), die wie der Roman Al Bostagi von 1968 (Der Briefträger) verfilmt wurde.
Weitere Werke (Auswahl):
Sah an-naum (Guten Morgen. Erzählung), 1955
Dima' Wa Teen (Blut und Lehm. Erzählung), 1955
Om Al'awagiz (Die Mutter der Hilflosen) 1955
Antar und Juliette. 1960
Der Truthahn (dt. in LISAN Nr. 5, Basel 2008)
Tanawa'at Al Asbab (Mittel verändern sich)
Qessa Fi Ard'hal (Eine Geschichte in einer Petition)
Iflass Khatibah (Der Bankrott eines Ehestifters)
Al Firash Al Shaghir (Das leere Bett)
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13. Dezember
1992
Die taz zitiert  Wole Soyinka, der sich über die "voluminöse Autobiographie" von Nelson Mandela äußert:
"Nicht nur glaubt man ihm, sondern man beginnt zu verstehen, daß es diese Fähigkeit war, Ignoranz oder Dummheit vom wirklichen Rassenhaß zu unterscheiden, die es dem Revolutionär möglich machte, das Risiko eines heimlichen 'Gesprächs mit dem Feind' einzugehen." · (taz)
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Anmerkungen:
* inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©

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Quellen:

.. .. Sach- und Personenregister
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