"Ein
leidenschaftlicher Ruf aus einem nigerianischen Gefängnis",
So
betitelt die südafrikanische Wochenzeitung Mail &
Guardian einen Brief des nigerianischen Schriftstellers
und Umweltaktivisten Ken Saro-Wiwa, der diesen der Redaktion
aus einem Militärhospital seines Landes zukommen ließ.
Eine
Kürzung oder Streichung innerhalb des Briefes ist nicht
erkennbar. Ken Saro-Wiwa beginnt mit seiner ein Jahr zurück
liegenden Inhaftierung, spricht von einem "Känguruh-Gericht",
ein Spitzname für ein besonderes Militärgericht,
wo ein Verfahren gegen ihn eröffnet wurde, bei dem "das
Urteil im Voraus gefällt worden war, ein Todesurteil,
gegen das es keine Berufung gibt, ist sicher".
Saro-Wiwa
fragt sich, ob er sich dies nur einbilde und fährt fort:
"Kaum. Die Menschen, die für diese Show der Scham verantwortlich
sind und sie überwachen, diese tragische Scharade, haben
Angst vor dem Wort, vor der Macht der Ideen, der Macht der
Feder; vor den Forderungen sozialer Gerechtigkeit und den
Menschenrechten. Auch haben sie keinen Sinn für Geschichte.
Sie haben soviel Angst vor der Macht des Wortes, dass sie
nicht lesen. Und das ist ihr Ende."
Er
schreibt im Folgenden von seinem Entschluss, sein Volk, das
der Ogoni, zu mobilisieren. Als er damit begonnen hatte, um
"sie zu befähigen gegen die Umweltzerstörung durch
Shell zu protestieren, und gegen ihre Verunglimpfung und Entmenschlichung
durch die Militärdiktatoren Nigerias, hatte ich keinen
Zweifel, wo es enden könnte. Dieses Wissen hat mir Kraft
gegeben, Mut und Heiterkeit - und einen psychologischen Vorteil
über meine Folterer".
Es
heißt weiter: "Erst gestern, erfüllte der Geist
der Ogoni meine Zelle durch ein liebliches Gedicht von → Jack Mapanje,
den Veteran aus Kamuzu Bandas Gefängnis: vier Jahre ohne
Anklage." Er habe, schreibt Ken Saro-Wiwa, Jack 1992 persönlich
in Potsdam getroffen und sich gefragt, wie er alles hatte
überleben können.
An
der Universität von Leeds sei das Gedicht geschrieben
worden und es habe ihn genötigt, "den Harnisch des Humors
überzustreifen". Die Grußbotschaft sei am Ende
auch von Chengerai Hove unterzeichnet gewesen, des mit Preisen
ausgezeichneten Romanciers aus → Simbabwe.
"Wie wundervoll zu wissen", sagt der Inhaftierte, "wie viele
großartige Menschen, helle Köpfe, sich um das eigene
Wohlergehen sorgen".
Bevor
Ken Saro-Wiwa seinen Aufruf zum Weiterkämpfen wiederholt,
kommt er auf die Rolle der britischen Regierung zu sprechen,
der er vorwirft, die nigerianische Militärdiktatur mit
Waffen und Krediten zu versorgen, "im vollen Bewusstsein,
dass all diese Waffen gegen unschuldige, unbewaffnete Bürger
genutzt würden."
(...)
"Ich
grüße Euch alle - Ken Saro-Wiwa, Militärhospital,
Port Harcourt, Nigeria"
Es
folgen weitere Briefe verschiedener Absender, die auf die
Person von Ken Saro-Wiwa und die politische Situation in Nigeria
eingehen, insbesondere auf die Auswirkungen des Engagements
des Shell-Konzerns im Lande.
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(Mail
& Guardian,
ÜEK:
J.K.)
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