"Die
Gefahr feministischer Literatur",
überschreibt
der - männliche - Berichterstatter Silas Nyanchwani seinen
Artikel für die englischsprachige kenianische Tageszeitung
The Daily Nation.
→
Chinua
Achebe, →
Wole
Soyinka und →
Ngugi
wa Thiong'o seien zweifellos die Väter der afrikanischen
Literatur.
"Obgleich ihre Bücher sehr populär wurden, konnten sie
einer Sache nie ausweichen, dem Einwand der Feministinnen,
die den weiblichen Charakter unterdrückt und ihre Präsentation
durch den einseitig männlichen Blick der männlichen Autoren
verfälscht sahen."
Wohl hätten diese Väter keine auktoriale Verpflichtung
gehabt, die Geschichte unter gebührender Beachtung der Vertretung
der Geschlechter zu erzählen. Dies wäre sicherlich durch die
afrikanische Geschichte des vorkolonialen, kolonialen und
post-kolonialen Afrikas außer Kraft gesetzt gewesen.
Zum Glück habe Achebe Frauen ermuntert, ihre (eigenen) Geschichten
zu schreiben,
was viele Schriftstellerinnen wie
→ Flora
Nwapa, Ama Ata Aidoo, → Buchi Emecheta,
→ Grace
Ogot, Marjorie Oludhe Macgoye und andere anspornte, die
Geschichte der Frau in Afrika zu erzählen und nicht notwendigerweise
aus einer feministischen Perspektive heraus. Mariama Bas So
Long a Letter (dt: Ein so langer Brief) setzte
einen neuen Maßstab.
Erbschaft
des Patriarchats
Die Bücher, die diese Frauen schrieben, seien ausgiebig gelesen
worden und stärkten (→ "empower"**)
die Stellung der modernen Frau, während diese die schlimmsten
Erbschaften des Patriarchats angriffen.
"Sie bekämpften Verwitwung, das Problem Mutterschaft,
Familie, Karriere und Bildung in Einklang zu bringen und forderten
tatsächlich den männlichen Autor heraus, den das Unglück traf,
als Chauvinist gebrandmarkt zu werden, wann immer er etwas
Sexistisches über Frauen schrieb."
Lange
Zeit sei Literatur von Frauen nicht ernsthaft kritisiert worden,
da ihr unterstellt worden sei, hinterherzuhinken.
Während die Frauen den männlichen Charakter reichlich manipuliert
hätten, um zu zeigen, wie sie herabgesetzt worden seien, sowohl
in der Fiktion wie im wirklichen Leben, "war es intellektuell
modisch, zuzustimmen, wenn auch widerwillig, dass sie das
Recht hatten, so viel Schlechtes über Männer zu schreiben
wie möglich".
"Die Tatsache, dass Männer alle Spitzenpositionen im
Berufsleben und in der Politik innehatten und Frauen härter
arbeiten mussten, um die unsichtbare Barriere, die sie am
Weiterkommen hinderte, zu überwinden, war sehr hilfreich,
um ihre Erzählhaltung zu verändern."
"Aber kaum ein halbes Jahrhundert später", stellt
der Berichterstatter fest, "und das Blatt hat sich gewendet".
Bei fortwährender unterstützender Stärkung der Frauen würden
die Männer ihrer Stärke beraubt und "wenn wir das nicht
rechtzeitig korrigieren, schaffen wir ein 'Durcheinander'".
Im urbanen Umfeld höre man lautes Murren, es gebe keine Männer
mehr. Der gegenwärtig herangezogenen Männergeneration werde
vorgeworfen, "weniger Mann zu sein". Ohne Interaktionsfähigkeiten
und zu Hause hängend mit Videospielen, Fußball- und Social
Media, fehlten dem Mann selbst die Fähigkeiten des Umgangs
mit Frauen.
Laut Soziologin Agnes Zani von der Universität Nairobi erstarkte
in der Vergangenheit die Haltung der Frauen, während
Männer nichts getan hätten. Die meisten Männer seien
ohne eine Vaterfigur aufgewachsen und hätten keine Ahnung
vom Umgang mit der modernen, selbstbewussten Frau."
Die erstarkte Frau neige dazu, all die bekannten negativen
männlichen Züge zu übernehmen. Sie rauche, trinke, unterstütze
eine Fußballmannschaft, fahre offensiv und sei übermäßig aggressiv.
"Auf lange Sicht haben wir eine Frau, die alle Attribute
eines Mannes aufweise - und in der Regel verdientermaßen."
Aber was sei mit den Jungen?, fragt der Berichterstatter rhetorisch.
Fernsehen, zahlreiche Magazine und das Bildungssystem haben
den Frauen zu viel Aufmerksamkeit gezollt. Es sei nun an den
Frauen und an diesem Punkt sollten männliche Autoren und jeder,
den es angehe, beginnen, die Jungen zu stärken.
Fehlgeleitete
Männlichkeit
Und
das bedeute nicht, verschärft chauvinistische und fehlgeleitete
Männlichkeit. "Es bedeutet die Korrektur der Wahrnehmung,
dass alle Probleme von Frauen durch Männer verursacht worden
sind."
"Wir können die Schuld der Geschlechterungleichheit als
die neue Generation nicht allein schultern, mehr als nur die
heutige Generation der Deutschen muss die Schuld Hitlers schultern."
"Sie sagen, dass wir sie in Musikvideos zu Objekten degradieren,
aber bisher hat nie jemand angenommen, dass sie das gleiche
erotische Vergnügen (wie die Männer) aus dem Dirty Dancing
ableiten, dass sich jetzt in den Clubs öffentlich abspielt."
Zunehmend viele Musikvideos zeigten jetzt Männer, die nur
gut durchtrainierte Körper und Muskeln zu zeigen und obendrein
nach Frauen zu sehen haben. Dies sei jedoch die gleiche Degradierung
zu Objekten, an der die Frauen Anstoß genommen hätten.
.
Eine Zeit werde kommen, mahnt abschließend der Berichterstatter,
da Männer keine Stimme mehr haben werden. "Sollte nicht
ein anderes, kreatives Empowerment anbrechen, wird die Zukunft
nicht rosig sein." (Daily Nation, ÜEK:
J.K.)
Quelle:
The
Daily Nation, Kenya (Daily Nation)
Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
**"dis/empower/ed/ing" - Dieser
Begriff wird - in der Hoffnung, die weit gefächerte Konnotation
wie "Unterstützung oder Förderung zu Selbbestimmung,
Selbstverwantwortlichkeit" etc. zumindest tendenziell
zu erfassen - mit dem Hilfsbegriff "stärken",
"erstarkt" übersetzt. Das Substantiv "empowerment"
wird als Fremdwort ins Deutsche übernommen, da es - zumindest
in der Fachliteratur - auch hierzulande Eingang gefunden hat.
ÜEK: J.K. --> Aus
dem Englischen Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus
©
|