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2008 |
April - Juni |
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2008 |
"Nigerias
Unmoral besteht aus Heuchelei nicht aus Miniröcken",
schreibt
die zwischen den USA und ihrer Heimat pendelnde Schriftstellerin
→ Chimamanda Ngozi Adichie.
In dem Artikel, der zwei Tage zuvor
bereits im britischen Guardian erschienen ist, wendet
sich die nigerianische Schriftstellerin gegen
ein Gesetz, das "unanständige" Kleidung in der
Öffentlichkeit unter Strafe stellen soll. Danach darf der
Ausschnitt von den Schultern abwärts höchstens zwei
Zoll (ca. 5 cm) betragen und die Taille einer Frau, die älter
als 14 Jahre ist, dürfe nicht zu sehen sein. Ein Gesetz,
das sich nach Ansicht der Autorin eindeutig gegen Frauen wende.
Und wie immer würden geschlechtsspezifische Angelegenheiten
durch die Zugehörigkeit zur Unterschicht kompliziert. Dieses
Gesetz betreffe in einem weiteren Sinne Gesellschaften,
für die Frauen sichere Sündenböcke darstellten
und → Nigeria
sei nur ein Beispiel dafür. [...] Abschließend stellt
Chimamanda
Ngozi Adiche fest: "Dieses Gesetz hat viele
Unterstützer, die sicher wissen, dass die moralische Dekadenz
in unserer Gesellschaft nicht daher kommt, dass Frauen Miniröcke
tragen, sondern von Männern und Frauen, die stehlen und
öffentlich Gott danken, nachdem sie gestohlen haben, weil
die Fähigkeit sich ehrlich auszudrücken kompromittiert
wird von einem buchstäblichen und symbolischen Hunger,
weil wir die Kultur der Heuchelei begrüßt und festgeschrieben
haben. Und es ist diese Kultur der Scheinheiligkeit, die dieses
Gesetz bewahren wird". ·
(This Day, Nigeria, ÜEK:
J.K.) |
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3.
April |
2008 |
80. Geburtstag
des senegalesischen Politikers und Romanciers Cheikh Hamidou Kane.
Nach der gymnasialen Ausbildung hatte Kane in Paris studiert
und war nach dem Abschluss in Recht und Philosophie in seine
Heimat zurückgekehrt, wo er 1960 als Gouverneur der Region
Thiès seine politische Laufbahn begann.
Große
Anerkennung errang Kane mit seinem 1961 erschienenen Roman L'Aventure
ambiguë (engl.: Ambiguous Adventure; dt:
Der Zwiespalt des Samba Diallo; Übersetzung:
János Riesz u. Alfred Prédhumeau), der im darauf
folgenden Jahr mit dem Grand prix littéraire d'Afrique
noire ausgezeichnet wurde.
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CH.
HAMIDOU KANE
DER ZWIESPALT ...
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Anschließend
folgte eine Jahrzehnte anhaltende literarische Abstinenz, erst
1995 veröffentlichte Cheikh
Hamidou Kane einen zweiten Roman, eine Fortsetzung der "ungewissen
Abenteuer" des Samba Diallo. Während der erste Roman
von der Entfremdung des Protagonisten erzählt, der seine
islamisch-afrikanische Welt verlässt, um durch Ausbildung
und das Leben im Westen geprägt zu werden, beruht der zweite
Roman inhaltlich auf einem Konflikt der senegalesischen Politiker
Mamadou Dia und Léopold Sédar Senghor. Ersterer
war der erste Ministerpräsident des Senegal. Ihm wurde
vorgeworfen, einen Militärputsch gegen seinen Präsidenten
Senghor geplant zu haben. |
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los |
Afrikanische und arabische Sprüche und Weisheiten:
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11.
April |
2008 |
Italienischer
"Mittelmeerpreis der Poesie" an Fuad Rifka.
Der in →
Syrien
geborene
und im →
Libanon
aufgewachsene Lyriker nimmt den mit 10.000 € dotierten
Preis heute in Treviso entgegen. Geehrt wird er für sein
Gesamtwerk, mit dem er einen zentralen Bezug zu dieser Region
herstellt.
Der emeritierte Professor der Philosophie an der Amerikanischen
Universität Beirut hat sich als Neuerer der arabischen
Lyrik und als Übersetzer - insbesondere deutscher Dichtung
- verdient gemacht. |
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2008 |
"Kenianischer
Dramatiker Ngugi wa Mirii gestorben",
berichtet die simbabwische Wochenzeitung The Standard.
→
mehr dazu,
· (Standard Simbabwe,
ÜEK:
J.K.) |
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2008 |
"Herausgeber
von The Standard verhaftet",
titelt die private englischsprachige Wochenzeitung in eigener
Sache und konkretisiert, die Polizei habe diesen wegen der Veröffentlichung
der Meinung eines führenden Oppositionspolitikers festgenommen.
→
mehr dazu,
· (Standard Simbabwe,
ÜEK:
J.K.) |
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2008 |
"Der
ägyptische Autor Alaa al-Aswani wird mit dem ersten Coburger
Rückert-Preis ausgezeichnet",
meldet die Coburger Zeitung Neue Presse.
Die Stadt ehre mit → Alaa
al-Aswani "einen der meistgelesenen arabischen Autoren unserer
Zeit, einen Querdenker, der in humorvoller und tiefgründiger
Weise den Blick auf die zahlreichen Facetten der ägyptischen
Gesellschaft und der arabischen Welt lenkt", heiße es
in der Verleihungsurkunde. Der mit 7.500 € dotierte Rückert-Preis
verstehe sich, so der Coburger Bürgermeister Norbert Tessmer,
"als Brücke zwischen Orient und Okzident, aber auch
als Ehrung des Dichters und Orientalisten Friedrich Rückert".
(vgl. Neue Presse v. 17.05.2008) |
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2008 |
Im Alter
von 95 Jahren stirbt in Paris der frankophone ägyptische
Schriftsteller Albert Cossery
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Albert Cossery
Portrait von
Frederico Penteado |
1945 war er nach Paris übergesiedelt und lebte dort zeit
seines Lebens in ein- und demselben Hotelzimmer. Er war bekannt
mit einigen der herausragendsten Schrifsteller seiner Zeit,
u.a. mit Henry Miller, Albert Camus, Jean-Paul Sartre, Jean
Genet und Lawrence Durrell.
Über sein Schreiben heißt es im britischen Guardian:
"Seine ätzende Satire, die wie die Sonne der Wüste
brannte, unterminierte alle Formen von Autorität. In La
Violence et la Dérision (Gewalt und Gelächter)
nutzen Freiheitskämpfer nicht Gewalt als politische Waffe
gegen staatliche Willkür, sondern Spott und Verachtung."
Als sein Meisterwerk gilt allgemein der Roman Mendiants
et orgueilleux (dt: Gohar der Bettler; Übersetzung:
Bernd Wilczek . München und Wien 1996), indem ein ehemaliger
Universitätsprofessor sein Seelenheil im Dasein eines Bettlers
findet.
Auszeichnungen:
1965: Prix de la Société des Gens de Lettres
(SGDL) für La Violence et la dérision
1990: Grand Prix de la francophonie de l'Académie française
für sein Gesamtwerk
1995: Grand Prix littéraire d'Antibes - Juan-les-Pins/Jacques
Audiberti ("Grand Prix Audiberti") für sein
Gesamtwerk
2000: Prix Méditerranée für Les Couleurs
de l'infamie
2005: Grand Prix Poncetton de la Société des
gens de lettres für sein Gesamtwerk anlässlich des
Erscheinens seiner Sämtlichen Werke
WERK:
Les Hommes oubliés de Dieu, Novellen (1941)
La Maison de la mort certaine, Roman (1944)
Les Fainéants dans la vallée fertile, Roman
(1948)
Mendiants et orgueilleux, Roman (1951, dt: Gohar der Bettler.
München und Wien 1996, als Taschenbuch: Frankfurt 1998)
La Violence et la Dérision, Roman (1964, dt: Gewalt
und Gelächter, Düsseldorf 1966; Berlin 1984 und
2000)
Un complot de saltimbanques, Roman (1975)
Une ambition dans le désert, Roman (1984)
Les Couleurs de l'infamie, Roman (1999)
Les
Fainéants dans la vallée fertile, Roman (2004) |
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25.
Mai |
2008 |
Interview
mit dem südafrikanischen Schriftsteller Ivan Vladislavić
Esther Kogelboom befragt →
Ivan
Vladislavić,
der derzeit als Stipendiat auf Sylt weilt, zur Situation in
Johannesburg. Was in ihm vorgehe, wenn er die Bilder aus seiner
Heimatstadt sehe, wo "eine tödliche Jagd auf Flüchtlinge
aus anderen afrikanischen Ländern" stattfinde. Ivan
Vladislavić antwortet:
"Das ist eine furchtbare Angelegenheit. Polizei und Militär
sollten hart durchgreifen. Es ist ihre Pflicht, die Verbrecher
zu fassen. Dann muss ihnen ein Prozess gemacht werden, sie gehören
bestraft. Das Wichtigste ist, dass die Menschen begreifen, dass
der Staat weder Morde, Vergewaltigungen noch Hetzjagden auf
Ausländer oder sonst wen toleriert. Sobald ein anderer
Eindruck entsteht, bringt das nur weiteres Unheil." - Vgl.
In den Straßen von Johannesburg, Interview von Esther
Kogelboom mit Ivan Vladislavić, in: Der Tagesspiegel
v. 25.05.2008. |
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28.
Juni |
2008 |
"Das
Monster Mugabe haben viele erschaffen",
schreibt der südafrikanische Schriftsteller →
Zakes
Mda und zählt die Liste der Vergehen des simbabwischen
Regierungschefs auf, bis hin zu den ethnischen Säuberungen
in den 80er Jahren. Der Westen aber hätte weggesehen
und erst zu protestieren begonnen, "als Mugabes sogenannte
Kriegsveteranen die Farmen weißer Simbabwer besetzten".
Eine Lösung der Situation im Nachbarland →
Südafrikas
sieht Mda in umfassenden Sanktionen. Der Einwand, dass durch
Sanktionen die Armen in →
Simbabwe
am meisten getroffen würden, verfange nicht, "denn
die Armen leiden bereits jetzt. Millionen Menschen strömen
in die Nachbarländer." Aus diesem Grunde würden
schon bald weitere Länder der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft
(SADC) →
Botsuanas
Beispiel folgen und Mugabe anprangern. Erst wenn die Generäle
nicht länger in Luxus schwelgen könnten, würden
sie sich an den Verhandlungstisch setzen und nach Erlangung
von "Immunität gegen Strafverfolgung" Neuwahlen
und der Entsendung einer SADC-Friedenstruppe zustimmen. -
Vgl. Welt-Online v. 28.06.2008; Aus dem Englischen v. Daniel
Eckert. |
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30. Geburtstag
des in Addis Abeba geborenen und in den USA lebenden Schriftstellers
Dinaw Mengestu.
Im vergangenen Jahr hat Mengestu mit The Beautiful Things
that Heaven Bears (dt: Zum Wiedersehen der Sterne;
Übersetzung: Volker Oldenburg. Berlin 2009) seinen viel
beachteten und mehrfach ausgezeichneten Debutroman veröffentlicht.
U.a. wurde dieser ausgezeichnet als Notable Book 2007 der
New York Times, als Bestes Erstes Buch durch den
britischen Guardian. Beachtenswerterweise wurde er
auch für Preise mit feministischer Tendenz nominiert, als
Finalist des Prix Femina étranger sowie für
den Grand Prix des Lectrices de Elle, ebenfalls als
Finalist im Jahr 2007 und dies obwohl im Mittelpunkt des Romans
ein männlicher Protagonist steht:
Der äthiopische Immigrant Sepha Stephanos betreibt einen
kleinen Lebensmittelladen in Washington, D.C. und lässt
sich von seinen afrikanischen Kunden Geschichten aus der Heimat
erzählen. Vor siebzehn Jahren musste er aus Äthiopien
fliehen, kann aber immer noch keine Wurzeln in der neuen Heimat
schlagen. Da bringt die Freundschaft zu einem klugen, lesehungrigen
Mädchen namens Naomi ihm plötzlich Lebenfreude in
den Alltag und die Liebe zu dessen Mutter Judith, einer weißen
Professorin, verheißt ihm gar Aussicht auf Glück. |
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Anmerkungen:
*
inkl. arabischer Raum
ÜEK: J.K. --> Aus dem Englischen
Übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus ©
ÜFK: J.K. --> Aus dem Französischen
übersetzt und kommentiert: Janko Kozmus © |
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Quellen
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Sach-
und Personenregister |
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